OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 4

Diese Neuerungen basieren allerdings zumeist auf archetypischen Vorstel lungen, die wiederum häufig im Numinosen^^ wurzeln. Die Bereitschaft, das Neue auch aufzunehmen und weiterzugeben, ist eine Voraussetzung für die Brauchwerdung. Regional bedeutsam in unserem Brauchtum wurde - um auch dafür ein Bei spiel zu bringen - der Liebstattsonntag. Von Gmunden, wo er 1641 eingeführt wurde, strahlte der Brauch aus und wird nunmehr auch - in alphabetischer Reihen folge, nach Zeitungsberichten^® - in Bad Goisern, Ebensee, Ohlsdorf (1986), Scharnstein, Schwertberg und Vöcklabruck geübt. Was in Gmunden 1641 eine Innovation war, ist heute dort schon längst Tradition, nicht aber in den anderen Orten, wo es sich - noch - um neuzeitliche Innovationen handelt. Innovation kann aber auch nur Erneuerung von Altem bedeuten. Wieder sei dazu ein Beispiel als Illustrahon erwähnt, nämlich die Segnung von Autos, Trakto ren und anderen Fahrzeugen.^' Das Objekt dieses Brauches ist neu, nicht aber die Tatsache, daß man Fortbewegungsmittel zum Wohle des Menschen eine kirchliche Weihe zuteil werden läßt, nämlich Pferden, mitunter auch Ochsen. Erneuerungen betreffen aber nicht nur das Brauchtum, sondern genauso z. B. die Tracht - „Die Anerkennung von Innovation als auslösendes, Anfang setzen des Element nachfolgender Tradition ... kann logischerweise vor dem mitteleuropa weiten Phänomen der Trachtenerneuerung nicht Halt machen"®" -, aber auch etwa das Repertoire unserer Chöre, Amateurtheaterensembles oder Blasmusikvereine. Das betrifft desgleichen die Arbeit unserer Heimat- und Trachtenvereine, die sich keinesfalls mehr nur auf Erhaltung und Pflege der Tracht beschränken, wie in den Gründungsjahren, worauf z. B. ehemalige Bezeichnungen wie „Gebirgstrachtenerhaltungsverein" hinweisen, sondern häufig Träger unseres Brauchtums und hier bei auch oft innovativ sind.®^ Das gilt auch für die vielen Goldhaubengruppen, deren nunmehr schon jahrzehntelanges sozialkaritatives Engagement die Landesobfrau dieser großen Organisation nicht zu Unrecht ebenfalls bereits als „guten Brauch"®^ bezeichnete. Innovation ist also jene Kraft, die ein Volk immer aufs neue benötigt, um lebendig zu bleiben, was sich in einer ihm adäquaten, jeweils zeitgemäßen Volkskul tur äußert. Gerade im Zusammenhangmit Innovation ist aber auch auf so manches kommerzielle Interesse hinzuweisen, und zwar, wie im folgenden aufzuzeigen ist, nicht erst in heutiger Zeit. " Vgl. Dietmar Assmann: Das Numinose in Sitte und Brauch. In: Imago mundi, Bd. 1, Paderborn -Wien 1968, S. 167 ff. Dokumentationsarchiv „Brauchtum" im Institut für Volkskultur. Vgl. Dietmar Assmann: Fahrzeugweihe. In: Österr. Volkskundeatlas, Blatt 74, 4. Lieferung, Wien 1971; dazu Kommentar. Franz C. Lipp: Oberösterreichische Trachten, Folge 1, 2., erw. Aufl., Linz 1982, S. 16. Vgl. Gerhard Gaigg: Salzkammergut: Altes Brauchtum - neu belebt. In: OÖ. Kulturbericht, 46. Jg. (1992), Folge 3, S. 12. " Anneliese Ratzenböck: Es ist ein guter Brauch. In: OÖ. HeimatblL, 47. Jg. (1993), S. 64f.

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