OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 4

ist von großen Pilgerscharen die Rede, die hier den Heiligen verehrten,^ und allein die Tatsache eines Kirchenbaues, selbst wenn ihn der verehrte Bischof höchstpersön lich durchführte, reichte gewiß nicht aus, um einen frequentierten Wallfahrtsort her vorzurufen. Die erste ausführliche Fassung der Legende ist im sogenannten Augsburger Passional enthalten und datiert aus dem Jahre 1471.'' Zibermayr hält sie für älter und meint, sie dürfte um 1400 in Nürnberg verfaßt worden sein; er bringt sie in Verbin dung mit einer in einem Druck des Jahres 1516 niedergelegten lateinischen Fassung, die er für noch älter ansieht.' Die Erzählung zerfällt dort bereits in zwei Teile, die durch den Beilwurf miteinander verbunden werden. Zuerst hält sich der Bischof in einer rauhen Wildnis auf und ist den Anfeindungen des Teufels ausgesetzt. Er bittet Gott um ein Zeichen, wo er seine Wohnung aufschlagen soll, schleudert seine Axt ins Tal und baut dann dort, wo er sie wiederfindet, eine Kirche und ein „Häuslein . Während der erste Teil des Geschehens in den späteren Fassungen der Legende all gemein auf dem Falkenstein lokalisiert wird, heißt es in den erwähnten beiden frühesten Versionen, er sei in der Wildnis ein ganzes Jahr herumgewandert, habe viel Hunger und Durst, dazu Frost und Hitze gelitten und Gott schließlich gebeten, daß er ihm „eine Stätte zeige, wo er sich eine Wohnung mache und bleiben möchte". Das klingt so, als habe sich der Einsiedler zunächst nicht an einem bestimmten Ort auf gehalten und sich erst dann durch den Wurf des Handbeils einen festen Wohnort gesucht, nämlich den Platz der späteren Wallfahrtsstätte am Abersee. Der Falkenstein wird im Augsburger Passional nur einmal erwähnt, nämlich in der Szene der sogenannten „Anlainung": Es heißt, Wolfgang sei eines Tages in das Gebirge gegangen und wollte zwischen dem Falkenstein und einem anderen Berg durchgehen; er scheint also zufällig in die Gegend gekommen zu sein. Dort habe der Böse die Berge zusammenfallen lassen, Wolfgang habe sich kreuzweise nieder gelegt und gebetet, worauf das Gespenst des Bösen vergangen sei. Mit keinem Wort werden die Eindrücke des Eremiten im Felsen erwähnt, ja die Erzählung steht in Widerspruch mit diesen Relikten im Stein und auch mit den bildlichen Darstellun gen, denn sie alle, einschließlich der Bezeichnung der Szene als „Anlainung , setzen voraus, daß sich Wolfgang stehend dem fallenden Felsen entgegengestemmt habe. Der Beilwurf schließlich erfolgt in diesen ältesten Fassungen überraschen derweise nicht vom Falkenstein herab, sondern vom Saurießl, einem etwas weiter westlich gelegenen Berg,' von dem es nicht einmal eine Sichtverbindung zur Wall fahrtskirche gibt. Sozusagen die Standardfassung der Legende findet sich im Holzschnittbuch des Johann Weyssenburger aus dem Jahre 1515.^ Auch aus ihr ist aber nicht mit ^ OÖ. Urkundenbuch, IV. Band, Wien 1883, S. 502, Nr. 583. " „Leben der Heiligen", Winterteil, fol. XXXVll. f., Nationalbibliothek Wien. ' Zibermayr, S. 37 ff. ' Leopold Ziller, Aberseer Namensbuch, St. Gilgen 1977, S. 92. ' Hans Bleibrunner, Das Leben des hl. Wolfgang nach dem Holzschnittbuch des Johann Weyssenbur ger aus dem Jahr 1515, Regensburg 1967.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2