OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 4

Dr. Anomäus räumt zunächst in der Ökonomie auf: Das Ökonomieweib wird entlassen, weil es einen toten Truthahn in die Pastete faschiert hat, und die Ver wendung der Lebensmittel und besonders des Weines wird streng kontrolliert. Dr. Anomäus wohnt zu dieser Zeit in seinem eigenen Hause, wo er auch Pri vatschüler, bis zu acht gleichzeitig, im Quartier hat. Neben den Internatszöglingen gab es nämlich auch eine Art Externisten, die privat unterrichtet wurden. Die Stu denten im Anomäischen Hause müssen sich nicht immer sehr artig aufgeführt haben, denn dem Rektor wird mitgeteilt, daß sich die Nachbarn wegen „Rumores" beschwert haben, und er wird angewiesen, auf strengere Zucht zu achten. Übrigens bekamen auch die Internisten der Schule teilweise gesonderten Unterricht, wofür extra bezahlt werden mußte (Johannes Kepler hatte so einen Vertrag für Sonderun terricht). Immer wieder beklagt sich der Rektor bei den Landständen, daß er mit dem Gelde kein Auskommen finde und aus eigener Tasche zuschießen müsse. Die Landstände beantworten diese Eingaben gelegentlich mit einer Zuwendung „semel pro Semper" (ein für allemal), die gelegentlich die Höhe von 100 fl. erreicht. Dr. Ano mäus bekommt aber auch von den Landständen eine Gratifikation von 30 fl. für eine Komödie, die an der Schule aufgeführt wurde. Inzwischen hat sich die Gegenreformation in Oberösterreich konstituiert, und ihr Vorkämpfer ist der Landeshauptmann Johann Löbl von Greinburg. Dieser zwingt die Stände im Jahre 1600, die Landschaftsschule zu schließen, die protestanti schen Lehrer und der Prediger bei dem Landhaus werden ausgewiesen. Damit ist die Lehrtätigkeit und das Rektorat des Dr. Anomäus zunächst beendet. Die Stände erweisen sich als sehr großzügig: Am 10. Dezember 1601 ent lassen sie den Dr. Anomäus aus Dienst und Gelöbnis und erteilen ihm ein ehrliches Testimonium. So lange er keine neue Stellung findet, soll er bei den Ständen in Bestallung bleiben, da er seinen Dienst immer mit Fleiß ausübte und ohne sein Ver schulden Spott und Schimpf hat erleiden müssen. Er soll mit gebührender Vereh rung abgefertigt und seinem Sohn ein Stipendium bewilligt werden. Die Stände lösen ihm sein Haus für 3.000 fl. und seinen Garten für 500 fl. ab, und außerdem soll er neben einem Nachlaß von 400 fl. noch 400 fl. als Abfertigung erhalten. Der Sohn bekommt 60 fl. pro Jahr für drei Jahre als Stipendium. Sollte der Kaiser dem Ersu chen der Stände nachgeben und dem Dr. Anomäus einen weiteren Verbleib im Lande bewilligen, soll Dr. Anomäus Haus und Garten zu den selben Bedingungen von den Ständen zurückkaufen. 1605 zieht Dr. Anomäus nach Wittenberg, wo er als Professor für Mathema tik unterzukommen hofft. Das scheint aber nicht recht geklappt zu haben, denn als ihn die protestantischen Stände, die durch den Vertrag von Lieben 1608 wieder Oberwasser bekommen haben, im Jahre 1609 wieder aus Wittenberg zurückrufen und ihn einladen, das Rektorat der wieder eröffneten landständischen Schule neuer lich zu übernehmen, sagt der Professor zu und macht sich mit Weib und Kind und Magd sogleich auf die Reise. Wir haben eine außerordentlich plastische Schilderung dieser Reise in der Spesenabrechnung, die Dr. Anomäus den Landständen einreicht. Demnach ging die Reise von Wittenberg über Südböhmen, wo er wegen der Unsi cherheit der Wege zwei bewaffnete Begleiter annehmen mußte, nach Regensburg

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