OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 4

Die landständische Schule und die Medizin Von Herbert Wolkerstorfer Anlaß zu dieser Betrachtung war die 450-Jahr-Feier zum Bestände des humanistischen Gymnasiums in Linz, dessen Keimzelle die landständische Schule war, und diese wieder verdankte wesentliche Impulse zweien Ärzten, von denen der erste als Lehrer begann und später zum Arztberufe wechselte und der zweite als landständischer Arzt nach Linz kam und in der Folge das Rektorat der Schule über nahm. Das Schicksal dieser beiden Mediziner ist übrigens so typisch für das Leben eines Gelehrten jener Tage, daß es auch Fernerstehenden ein Bild jener bewegten Tage zu vermitteln vermag. In den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts beginnt in dem damals schon praktisch völlig protestantischen Lande - 60 von 71 Landständen und über drei Viertel der städtischen Bevölkerung waren protestantisch - eine Umgestaltung des öffentlichen kulturellen Lebens: es wird am Landhaus ein evangelischer Gottes dienst installiert, protestantische Stiftungen werden errichtet und ein reformiertes Schulwesen wird begründet. 1542 unterrichtet auf Schloß Luftenberg bei Steyregg Dr. Fridericus Lagus, der Sohn des Bürgermeisters Johann Hase aus Creuzburg an der Werra in Thüringen, die beiden Söhne Burkhard und Wolf des Herrn von Schallen berg. Er war von Philipp Melanchthon empfohlen worden und erwarb sich bald einen so ausgezeichneten Ruf als Lehrer, daß ihm neben den Söhnen der Familie Schallenberg auch noch andere adelige Jungherren anvertraut wurden, weshalb sich die Unterbringungsmöglichkeiten auf Schloß Luftenberg rasch erschöpften. Die Gruppe, nunmehr schon als Schule installiert, übersiedelte daher nach Enns in das Haus des Stadtrichters Michael Winter. Zur Schule gehörte schon damals ein Inter nat, das einem Ökonomen unterstand, der wiederum einiges Gesinde beschäftigte. Das Haus des Stadtrichters wurde bald abermals zu eng, und nach einer Intervention König Maximilians wurde 1566 das leerstehende Minoritenkloster von Enns adaptiert und bezogen. 1574 übersiedelte die Schule nach Linz in den von Gristoph Canevale an Stelle des Minoritenklosters neu errichteten Schulbau mit dem Schulturm im Land hauskomplex. Die späte Ubersiedlung in die Landeshauptstadt hängt wohl unter anderem damit zusammen, daß 1542 in Linz durch einen verheerenden Brand 134 Häuser in Schutt und Asche gelegt wurden. Die Stadt hat sich von dieser Katastrophe nur langsam erholt. Als Rektor der Schule wird damals schon Basilius Khunegger genannt, der seine Lehrtätigkeit 1566 begann. Die näheren Umstände und der genaue Zeitpunkt des Ausscheidens von Dr. Lagus aus dem Schuldienst sind nicht bekannt. Sicher ist nur, daß er sich als Arzt genauso bewährte wie als Lehrer und daß er als landständischer Arzt wohl schon vor 1570 angenommen worden ist. Ein

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