OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 4

Gattersteine in Puchenau Grenzmale aus frühen Zeiten Von Wilhelm Sighart Fast jeder hat sie schon irgendwo gesehen, diese verwitterten, mit Flechten bewachsenen Grenzsteine am Wegrand mit einem Loch, das uns wie ein Zyklo penauge anstarrt. Doch seit wann stehen diese Steine hier? Wer hat sie durch bohrt und aufgerichtet? Wir wissen es nicht. Selbst die ältesten Bewohner der umliegenden Gehöfte wissen nur, daß diese Steine schon immer da waren. Sie erzählen von Gattern, die an den Steinen befestigt waren, und von seltsamen Sa gen und Bräuchen in Verbindung mit diesen Steinen. Viele dieser Kolosse sind fast zur Gänze im Boden versunken, wurden zerstört, in Wege oder Brücken eingebaut oder bei Wochenendhäusern aufgestellt. Im Volksmund werden diese Lochsteine als Gattersteine oder Gatter säulen bezeichnet. Puchenau liegt im Westen der Lan deshauptstadt Linz an der Donau. Das Gemeindegebiet erstreckt sich mit einer Fläche von 8,2 km^ vom Donautal bis zum höchsten Punkt in der Koglerau. Im Westen und Norden grenzt Puchenau an die Gemeinden Ottensheim und Gramastetten, und die Ostgrenze verläuft ent lang der Stadtgrenze von Linz. Elf der bisher aufgefundenen 35 Gattersteine stehen noch heute an diesen Grenzen. Im Zuge der Vorarbeiten zum Puchen auer Heimatbuch wurden auch die Kleindenkmale aufgenommen, wobei die große Zahl der Gattersäulen im Ge meindegebiet auffällig war. Die vorlie gende Arbeit wurde bewußt auf das ver hältnismäßig kleine Gebiet von Puchen au begrenzt, obwohl das Verbreitungs gebiet der Gattersteine über das gesamte Mühlviertel bis in den Bayerischen Wald reicht. Material, Form und Größe der Gattersteine Alle 35 Steine bestehen aus Granit oder Gneisgestein mit zum Teil starkem Flechten- und Moosbewuchs sowie ge ringer bis äußerst starker Verwitterung. Die Öffnung befindet sich immer im oberen Drittel des Steines und ist in den meisten Fällen rund. Nur zwei Steine weisen eine rechteckige Öffnung auf. Die Mehrzahl der Bohrungen wurden von beiden Seiten des Steines begonnen, wobei durch die nicht immer fluchten den Bohrungen in der Mitte der Öff nung eine Einengung oder ein Versatz zu sehen ist. Der Durchmesser der Bohrun gen beträgt 6 bis 10 cm, wobei ein Durchmesser von 7 cm am häufigsten ist. Die rechteckigen Öffnungen messen 10X12 und 13X15 cm. Die Oberfläche der meisten Steine zeigt nur geringe Be arbeitung. Meist kamen ausgewählte Naturformen zur Aufstellung. Die Höhe der noch stehenden Steine reicht von 35 cm bis zu 185 cm, der größte freilie gende Stein mißt 210X95 cm.

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