henden panoramaartig erweiterten Landschaftsgrund eine Vielzahl von Staffage vereinigt. Im gegenständlichen Stück beschied sich Vinckboons allerdings mit einer vergleichsweise intimeren Fassung des Sujets. Der Blickpunkt erscheint nunmehr abgesenkt und nur gering erhöht, die vordergründigen Protagonisten sind in ihrer Anzahl deutlich begrenzt und vergrößert. Lediglich in der Tiefe des Landschafts raumes finden sich anekdotisch angelegte Nebenszenen mit einer Vielzahl kleiner Staffagefiguren, so eine vornehme Gesellschaft beim Picknick, ein bäuerlicher Rauf handel vor einer Schenke sowie Kirmesbuden auf einem Kirchplatz im äußersten Hintergrund. Die Komposition der Figurengruppe des Vordergrundes folgt hiebei nahezu wörtlich mit bloß geringfügigen Veränderungen im Hintergrund einer 1608 datier ten, in Berlin befindlichen Genreszene. Der gesamte rechte Bildteil des Kremsmünsterer Stücks ist indes von Vinckboons neu hinzukomponiert worden. Das Kolorit hat der Meister auf eine erdig-tonige Skala warmer Braun- und Grüntöne gestimmt, wobei er leuchtende Farbakzente - etwa in sattem oder gebro chenem Rot und Blau - auf die Figuren setzt. Letztere sind durchaus sicher und prä zise gezeichnet; die Modellierung stellt sich kraftvoll-drall, wenngleich etwas rauh dar; die Charakterisierungdes lebhaft-heiteren Personals der Tischszene in seiner derben Komik und Emotionalität erscheint durchaus gewinnend. Die Lichtführung des Meisters sieht eine Beschattung des Vordergrundes vor, die nur partiell Lichtflecken - etwa auf den Figuren - zuläßt; der Hintergrund wird demgegenüber, dem flämischen Schema folgend, aufgehellt, hervorgehoben und solcherartder Blick auch durch die Lichtregiein den Landschaftsgrundgeführt. Gründend auf der klassischen, etwa bei Plinius formulierten These von der Zweiteilung der Kunst in eine hohe und eine niedrige, verweist die zeitgenössische niederländische Kunsttheorie in ihrer Lehre von den Gegenstandsbereichen und den genera dicendi die Genremalerei allgemein, in Sonderheit aber das Bauerngenre in einen niederen Rang des Kunstschaffens, denn sein Gegenstand seien niedrige The men, infolgedessen auch die malerische Wiedergabe desselben naturgemäß nur einen geringen Rang beanspruchen könne. Aufgabe dieses Bereichs der Schilderung des Alltäglich-Menschlichen, der gewöhnlichen Verrichtungen ist es, ein docere et deledare des Beschauers zu erlangen, wofür als modus nach der der antiken Rhetorik nachgeformten Lehre von den genera das genus medium, die mittlere Stillage, zu wählen sei, also eine realistische, mitunter drastische, jedenfalls aber eine naturwahre Darstellungsweise. Mithin findet sich das Genrestück in der Themenhierarchie der Historien malerei, die im genus sublime, einer idealisierten Wiedergabe, vorzutragen ist, nachge reiht, jedoch dem genus humile, der einfachen Abschilderung der niederen Natur, übergeordnet. Das Verhältnis der Genre- zur hohen Historienmalerei ist eben jenes zwi schen Komödie und Tragödie. Stellt letztere edle Gharaktere in ihrem heroischen Scheitern in idealisierter Gestaltung vor, so kommt Komödie und Genrestück vor züglich die Aufgabe zu, „imitatio vitae, speculum consuetudinis, imago veritatis" zu sein.
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