OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 4

nungen über Wolfgang vorhanden war, das auf seine Anwesenheit zurückging, viel leicht sogar darauf, daß er diese Stätten segnete oder weihte oder tatsächlich hier eine Kirche bauen ließ? Daß er den Ort selber begründete, ist freilich nicht anzunehmen, denn dieser dürfte schon vor seiner Lebenszeit bestanden haben. Nachrichten über St. Wolfgang vor der Lebenszeit des hl. Wolfgang Im Jahre 829 schenkte König Ludwig der Deutsche dem Kloster Mondsee das umfangreiche und wertvolle Gebiet, das sich, grob gesprochen, von der Mitte des Abersees bis zur Traun bei Ischl erstreckte.^^ Es handelte sich um Gebiete, die auch von Salzburg beansprucht wurden, und so löste diese Urkunde jahrhunderte lange Grenzstreitigkeiten aus, die von Zibermayr letztlich für die Entwicklung der Wolfganglegende und das Entstehen des Wallfahrtsortes St. Wolfgang verantwort lich gemacht wurden.^^ In unserem Zusammenhang ist die Urkunde aus einem anderen Grunde interessant: Sie spricht davon, daß der König an Mondsee „einen Ort in Abersee samt dem gesamten ringsum befindlichen Wald" (locum in Abernsee cum toto nemore circumiacente) gab. Die Bezeichnung „locus" kann sich aber weder auf ein ganzes Gebiet beziehen, noch meint sie einen bloßen geographischen Punkt. Der Begriff kommt in den großen Salzburger Güterverzeichnissen Breves Notitiae und Nohtia Arnonis knapp hundertmal vor^^ und bezeichnet, soferne es sich nicht um bloße Phrasen (in loco dicto - am erwähnten Ort) handelt, einen bewohnbaren Ort.^5 Welcher Ort kann an der Osthälfte des Abersees gemeint sein, auf welche sich die Urkunde bezieht? Es gibt dort nur zwei größere Siedlungen, davon kommt Strobl nicht in Frage, denn es entwickelte sich erst ab dem Beginn der Neuzeit aus einer Taverne „am Schober", dem heutigen Bürglstein, die einer Familie Strobl gehörte.^^ Solche Umstände machen es nicht gerade wahrscheinlich, daß dieser Ort den Mittelpunkt des 829 geschenkten Gebietes bildete. Es bleibt nur das heutige St. Wolfgang übrig, und es scheint aus dieser Urkunde hervorzugehen, daß der Ort schon vor der Lebenszeit des hl. Wolfgang als Siedlung bestand. Irgendwie meint man dies auch aus der Legende entnehmen zu können, denn die ersten Fassungen derselben erwecken durchaus den Eindruck, als sei der Einsiedler nach einer Zeit, die er in der Wildnis verbrachte, durch den Beilwurf sozusagen in eine zivilisierte Lebensweise mit Kirche und Wohnhaus zurückgekehrt, wenngleich noch weitab von der „Welt", so daß er vom Jäger entdeckt werden muß. Salzburger Urkundenbuch, I, Bd., S. 905 f. (wiedergegeben bei Ziller, Bd. 1, Beilagen la und b). " Zibermayr, S. 44 ff. Fritz Losek, Notitia Arnonis und Breves Notitia, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg 1990, S, 69 ff. Vgl. Herwig Wolfram, Die Gründungsurkunde Kremsmünsters, in: Mitt. d. OÖ. Landesmuseums, Erg.-Bd. 2, Linz 1978, S. 51-82. Ziller, Bd. I, S. 112; derselbe, Aberseer Namensbuch (wie Anm. 6), S. 108.

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