OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 4

geweiht.^' Unter den Legenden stand die sogenannte „Post-Sex-Geschichte" im Vor dergrund, die sich mit einem Traum des späteren Kaisers Heinrich II. befaßt. Das Beil als Attribut kommt auf den älteren Darstellungen nicht vor, ja nicht einmal die Kirche, obwohl etwa die Steinfigur des Hochgrabes in St. Emmeram um 1350 ent stand, also zu einem Zeitpunkt, als im Salzkammergut schon von Pilgerscharen berichtet wird, die bei der vom Heiligen eigenhändig gebauten Kirche zusammen strömen. Man hat daher die Vermutung geäußert, daß die Verehrung des hl. Wolfgang vom Abersee sich vollkommen unabhängig von der des historischen Bischofs in sei ner Stadt entwickelt habe, daß überhaupt der im 14. und 15. Jahrhundert mächtig aufstrebende Wolfgangkult seinen Ausgang im Kloster Mondsee nahm, und daß Regensburg, seine effektive Wirkungsstätte, erst damals von der Welle volksfrom mer Verehrung mitgerissen und inspiriert wurde die vielen Wolfgangheiligtümer, die sich in Süddeutschland befinden, sind, mit Ausnahme der vorhin erwähnten Kir chen im Bistum Regensburg, alle erst nach dem Aufblühen des aberseeischen Wolf gangkultes entstanden, zum Teil sogar in bewußter Nachahmung desselben, indem Eindrücke im Stein auf den Heiligen zurückgeführt und mitunter sogar Beilwurf legenden erzählt wurden. Was ist also der Grund dafür, daß der Wolfgangkult am Abersee in derartig auffälliger Weise nicht nur aufblühte, sondern überhaupt erst ins Leben trat? Zunächst ist festzuhalten, daß ohne Zweifel die Förderungen durch das Benediktinerkloster Mondsee dafür einen wesentlichen Anstoß bedeuteten, wie ja auch schon früher die eher bescheidene Wolfgangverehrung in Regensburg durch das Kloster St. Emmeram des gleichen Ordens ihre maßgeWichen Impulse erhielt. Zibermayr^^ und neuerdings auch Paul Map vertraten die Auffassung, daß diese benediktinische Propaganda die einzige Ursache für die Entstehung der Wallfahrt bildete, und meinen, das Kloster sei um das Jahr 1278 auf die Idee dieser Propaganda des Heiligen gekommen, als Gefahr bestand, es werde die wirtschaftlich wichtigen Forste um den Abersee an Salzburg verlieren. Damals habe man sich „in höchster Not" an Wolfgang erinnert, als den einzigen Regensburger Bischof, der zum Wohl des Klosters Mondsee gewirkt habe, dem die Blüte und die Reform des Klosters ein Anliegen gewesen sei und der selber in dieser Gegend geweilt habe, und man habe ihn als Fürbitter erwählt. In diese Theorie hatte Zibermayr schon früher den Beilwurf eingebaut, ein altes Symbol für die friedliche Beilegung von Grenzstreitigkeiten.^^ ' Paul Mai, Wolfgangheiliglümer im Bistum Regensburg, in: Auf den Spuren des hl. Wolfgang, Kall münz 1973; Friedrich Holzer, St. Wolfgang, ein Heiliger der Spätgotik, in: 10. Jahresbericht zur Erfor schung der Regensburger Diözesangeschichte, Regensburg 1935, S. 1 ff. Andere Beispiele für Heilige, deren Kult zunächst nur lokal und unbedeutend war und sich erst nach geraumer Zeit über die regio nalen Grenzen hinaus entwickelte, bringt Prinz (Martin, Kilian u.a.). ' Mai, Wolfgangheiligtümer im Bistum Regensburg (wie Anm. 25); Georg Schwaiger, Der hl. Wolf gang, Bischof von Regensburg, in: Bavaria Sancta, Bd. I, Regensburg 1970. ' Zibermayr, S. 47 ff. ' Mai, St. Wolfgang, du steter Wunderwirker. Die Verehrung des Heiligen im Bistum Regensburg, Re gensburger Bistumsblatt 21. 3. 1993. ' Wl- Franz Carl Lipp, Das Beil des heiligen Wolfgang, in: Der heilige Wolfgang, Ausstellungskatalog 1976.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2