OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 4

Kirche neben dem Blasenstein mit seiner Durchkriechspalte erbaut. Auf diese Weise konnte es den Anhängern naturhafter Steinkulte am Blasenstein plausibel gemacht werden, daß eben dort die Kirche postiert werden müsse. Man könnte also die Legende vom hl. Wolfgang folgendermaßen deuten: Am Abersee bestand ein naturhafter Kult um auffällige Steine. Um es zu rechtferti gen, daß gerade neben einem dieser Steingebilde eine Kirche erbaut wurde, berief man sich auf den großen Bischof von Regensburg, der dieses Gotteshaus mit seinen eigenen Händen erbaut habe. Am nahe gelegenen Falkenstein gelang die Integration dieser Kultstätten in das christliche Brauchtum zunächst weit weniger. Sie blieben urtümliche Stätten; die Wundergeschichten und Gebräuche, die sich um diese Ortlichkeiten rankten, konnten von der kirchlichen Obrigkeit weit weniger gut adap tiert werden, wenngleich man allmählich auch diese Stätten mit Wolfgang in Verbin dung brachte. Erst viel später, nämlich am Ende des Mittelalters und mehr noch nach dem allmählichen Wiederaufblühen der Wallfahrt nach der Reformation, bezog man auch den Falkenstein in den offiziellen Wallfahrtskult ein. 1627 wurde über den dortigen Höhlen eine Kirche erbaut,^^ und erst die damals entstandenen Mirakelbücher beziehen alle Details der Legende auf konkrete Örtlichkeiten. Die fiistorischen Beziehungen zwischen dem hl. Wolfgang xmd dem Abersee Die ältesten Regensburger Lebensbeschreibungen Wolfgangs wissen nichts davon, daß sich der Bischof am Abersee aufgehalten und hier eine Kirche erbaut habe. Es handelt sich um Schriften zweier Mönche, Arnold und Ortloh, die um die Mitte des II. Jahrhunderts entstanden, also in einer Zeit, in der man sich noch an die Einzelheiten der Biographie des Bischofs erinnerte, wobei auch noch eine frühere Schrift, verfaßt von einem unbekannten Franken, zur Verfügung stand.Diese Lebensbeschreibungen enthalten durchaus auch Wundergeschichten," keine Rede ist aber von Steinerweichungen, Kämpfen mit dem Teufel in der Wildnis und Erschließen von Quellen mit dem Bischofsstab. Auch den ältesten Regensburger Hymnen ist keinerlei Bezug auf ein Einsied lerleben zu entnehmen, obwohl auch sie Wolfgang als Wundertäter preisen.^" Die einzige seriöse historische Quelle, die von einem Aufenthalt des Bischofs in unserer Gegend berichten, ist der bayerische Geschichtsschreiber Johan nes Aventinus, der im frühen 16. Jahrhundert berichtete, Wolfgang sei während des Dehio, Salzburg-Stadt und Land, Wien 1986, S. 349. ' MG SS IV. 556-568; MG SS IV. 521-542; Zinnhobler - Pfarl; Zinnhobler, Leben des hl. Wolfgang, in: Der hl. Wolfgang, Ausstellungskatalog 1976; ]. B. Mehler, Der hl. Wolfgang, Bischof von Regensburg, Festschrift Regensburg 1894. ' Barbara Möckershoff-Goy, St. Wolfgang, ein allgemeiner Nothelfer in St. Wolfgang, 1.000 Jahre Bi schof von Regensburg, Ausstellungskatalog Regensburg 1972; Chrobek, Der heilige Bischof Wolf gang - Geschichte - Legende - Verehrung, Kehl 1993. ' W. Schenz, Der hl. Wolfgang in der Poesie, in: Mehler, Festschrift (wie Anm. 18); Zinnhobler, Der hl. Wolfgang in Lied und Dichtung (wie Anm. 9).

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