OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 4

das auch bis zur selben Zeit im Freien stand. Die spätgotische Statue dieser außer halb der Kirche befindlichen Stätte volkstümlicher Wolfgangverehrung darf das „Hackl" in den Fiänden tragen. Es ist bekannt, daß die kirchliche Obrigkeit in unseren Gegenden solchen Kultsteinen distanziert gegenüberstand, so sehr das Volk diese Naturmonumente verehrte, und so sehr man bestrebt war, sie zu christianisieren. Man bezog sie irgendwie in den Wallfahrtsort ein, ließ sie aber „draußen" liegen und stellte im offi ziellen Kult den Gläubigen andere Glaubensinhalte vor Augen, etwa biblische Ereig nisse oder die weitgehend von Wundern und Teufelsgeschichten gereinigte Figur eines tugendhaften historischen Bischofs oder sonstigen Heiligen. Dafür gibt es Bei spiele an mehreren Orten: Die hl. Hemma von Gurk, eine von wilden Sagen umwobene Gestalt, mußte sich in ihrem Dom mit einem ganz entlegenen Plätzchen begnügen, einem Winkel der Krypta, in dem sich ihr Grab und der Wunderstein befindet, auf dem sie geses sen war und der besonders von Frauen für abergläubische Praktiken benutzt wur de.'^ In Klobenstein, einem Wallfahrtsort bei Kossen in Tirol, wurde neben dem namengebenden „geklobenen" Stein, einem Durchkriechfelsen, erstmals im Jahre 1701 eine Marienkapelle erbaut. Seither schweigen die Quellen eisern über den Stein, der nicht einmal auf den großen Votivbildern zu sehen ist, welche die örtliche Situation ansonsten ziemlich genau wiedergeben." In St. Wolfgang am Stein, 1430 als Kapelle zum Heiligen Stein genannt, ist der verehrte Stein überhaupt entfernt worden, nur noch der Name erinnert daran, daß sich die Kapelle ursprünglich bei diesem Stein befand." Läßt sich also erschließen, daß an diesen Orten alte Kultsteine christianisiert wurden, so kann man aus anderen Indizien annehmen, daß dieser Prozeß nicht rei bungslos vor sich ging. Selbstverständlich berichten die offiziellen Quellen darüber kein Wort, aus diversen Sagen geht aber hervor, daß die Kirchenbauten an solchen traditionellen heiligen Plätzen behindert und gestört wurden, wie dies vom Eiben stein im Mühlviertel erzählt wird," und man anderswo göttliche Weisung erfand, wonach Baumaterialien von Vögeln und Engeln auf einen anderen Platz übertragen wurden. Solche Übertragungswunder erzählt man sich nicht nur dort, wo, wie am Eibenstein, christliche Kultbauten an Stätten naturhafter Devotion verhindert wur den, sondern auch dort, wo man es rechtfertigen wollte, daß die Bauten der neuen Religionsform neben den alten Kultdenkmälern angelegt wurden. Es heißt etwa, die Kirche von St. Thomas im unteren Mühlviertel hätte anderswo gebaut werden sol len, doch hätten Vögel die blutigen Späne des Bauholzes, bei dessen Zurichtung sich die Leute immer wieder verletzten, an die heutige Stelle vertragen." So wurde die " Siegfried Hartwagner, Der Dom zu Gurk, Klagenfurt 1963. " Wallfahrt Maria Klobenstein, Kossen 1984. " Benno Ulm, Das Mühlviertel, Salzburg 1976, S. 197. '• Ernst Burgstaller, Der Heidenstein beim Eibenstein und seine volks- und siedlungskundlichen Pro bleme, in: OÖ. Heimatblätter, 23. Jg. (1969), Heft 1/2, S. 2ff. Gugitz, S. 113 f.

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