sie an weit entlegenen Orten wie Schwäbisch Hall, Rothenburg ob der Tauber oder Millstatt in Kärnten bildlich vorgeführt wurden, nicht lokalisiert hätte, scheint ganz unglaublich, zumal die Tafelbilder von Pipping bei München oder von Rothenburg ob der Tauber unverkennbar das Bestreben zeigen, die Topographie des Falkenstei nes wiederzugeben. Weit eher ist anzunehmen, daß der hl. Wolfgang vom Abersee nicht als ein heitliche Legendenfigur aufzufassen ist, sondern daß man unterscheiden muß zwi schen dem volkstümlichen Einsiedler, der die Steine erweichte und mit dem Teufel kämpfte, und dem von der offiziellen Kirche bevorzugten Bischof, der das hiesige Gotteshaus begründete. Ihren Ausdruck findet diese Zwiespältigkeit in der Wall fahrtskirche von St. Wolfgang: Am Hauptaltar Michael Fächers wird in einem aus vier Bildern bestehenden Zyklus nicht etwa, wie es auf sonstigen Flügelaltären dieser Zeit zumeist geschah, das Einsiedlerleben mit den bekannten Wundergeschichten gezeigt, sondern der Heilige tritt als Prediger, Krankenheiler und Almosenspender auf, es wird also sein Wirken in Regensburg geschildert. Nur auf einem dieser vier Gemälde ist sein Aufenthalt am See zu sehen: Er baut hier die Kirche, aber nicht ein mal allein, wie es sich für einen Einsiedler geziemen würde, sondern mit Hilfe eines zweiten Mannes. Dies widerspricht der üblichen Legende, denn ihr zufolge hat der Gefährte, den Wolfgang in die Einsamkeit mitgenommen hatte, bereits weit früher seinen Abschied genommen, „denn er konnte das strenge Leben nicht ertragen". Der Legende zufolge müßte dieser Helfer der Teufel sein, der sich wiederum in die Geschichte einschaltete und gegen die Zusage des ersten lebenden Wesens beim Kir chenbau mitarbeitete, ein Sagenmotiv, das sich gerade zur Zeit der Entstehung des Flügelaltares, als der Wolfgangkult seinen volkstümlichen Höhepunkt erreichte, ent wickelte.® Es erscheint aber, als wende sich das Bild in seiner Konzeption geradezu gegen die Teufelserzählung, denn Fächer, der sonst die Dämonenfiguren mit höchst skurrilen Zügen ausstattete, zeichnet hier einen ganz biederen Gehilfen, der alles andere als teuflisch wirkt. Das Gemälde von Wolfgang als Kirchenbauer sucht also geradezu die Legende zu korrigieren. Auch der Figur im Schrein des Pacheraltares fehlt das „Hackl", obwohl das Beilattribut für den Heiligen so charakteristisch war, daß im J5. Jahrhundert ein Humanist behauptete: „Stets, wenn St. Wolfgang gemalt die ehrwürdige Vorzeit, stellte sie so ihn dar, daß ein Beil er trug in der Rechten",' und obwohl Michael Fächer noch im Vertrag den Auftrag erhalten hatte, ihn mit „inffel, stab, kirichen und hacken zu bilden.^" Diese Änderung eines wichtigen Teiles des Hochaltares scheint doch weder auf einen Zufall noch auf eine Eigenmächtigkeit des Künstlers, sondern auf eine Willensänderung und auf Diskussionen beim Auftraggeber zurückgegan- ® Zinnhobler, Die Aberseelegende und ihre Entstehung (wie Anm. 2). ' Zinnhobler, Der heilige Wolfgang in Lied und Dichtung, in: OÖ. Heimatblätter, 30. Jg. (1976), Heft 1/2, S. 9. Wiedergegeben bei Barth.
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