Schilderungen hält man für trocken und unüber sichtlich, und Sagen gelten grol?teils für kindisch. Doch Erika Kaftan belehrt die Verächtlichmacher eines Besseren, indem sie ihren frischen, detaillier ten Wanderroutentext durch Handskizzen er gänzt, sich auf moderne Wegmarkierungen stützt und die Sagen sachlich, locker, zeitgemäß erzählt, nicht dramatisch ausgestaltet, aber mit dem nöti gen Zeit- und Ortskolorit versieht. Sagen besitzen in der Gegenwart gleich Mär chen unter den epischen Kleinformen wenig An sehen. Ihnen fehlt angeblich der psychologische Tiefgang. Doch Sagen sind und sollen nichts an deres sein als Berichte über außergewöhnliche Er eignisse, wie sie dem Volk im Gedächtnis geblie ben sind, um zu jeder Zeit das Nachdenken über den Sinn des Lebens anzuregen und zu fördern. Wie weit dabei Frau Kaftan geht, zeigt, daß sie nicht nur Petrus mit dem Herrn durchs Gelände schickt, sondern auch beim Heilbronnerkreuz, siehe Krippenstein, von jenen 13 jungen Men schen berichtet, welche 1954 in einem Schnee sturm ihr Leben lassen mußten. Sagen sind dem nach Volksgeschichten im populärsten Sinn. Sie bergen jene einfache Weisheit, die der Gegenwart uneigennützig in einfachem Wortlaut aus der Ver gangenheit angeboten wird. So lernt der Leser mit den schönsten Wanderungen durch unsere Hei mat in beiden Bänden auch die Menschen dieser Landstriche von der Frühzeit bis jetzt in ihren Nö ten und in ihrem Denken kennen; was ihr Sinnen dazumal bewegte und wie sie mit Naturerschei nungen und eigenen Vorurteilen fertig wurden. Bei einem Vergleich mit einer Fachsammlung wie etwa jener des „Oberösterreichischen Sagen buches" von Dr. Albert Depiny schneidet Frau Erika Kaftan sogar günstig ab, denn sie versteht es, die bei Depiny sachgruppenmäßig geordneten Überlieferungen genau an den richtigen Platz im Gelände, in Wald und Flur, einzuordnen. Sie holt demnach die hochstilisierte Sagenkunde auf den heimischen Boden der Wirklichkeit zurück. Die Autorin bietet ihre Arbeit als Wanderbücher für die Familie an. Darüber hinaus soll ergänzt wer den, daß diese beiden Taschenbücher als prakti sche Wegweiser für Schülerausflüge und Jugend gruppen-Zusammenkünfte bedenkenlos herange zogen werden können. Vielleicht ist sogar über diese neue Art von Routenbüchern eine frische Version von Reisehandbuch im Aufkeimen. Auf alle Fälle wird der Verlag gebeten, die vorliegen den Handbücher oberösterreichweit zu vervoll ständigen. Friedrich Berger Franz Steinmaßl: Arsen im Mohnknödel. Krimi nalität im Mühlviertel von der Jahrhundert wende bis 1938. Grünbach: Edition Geschichte der Heimat, 1992. 342 Sei ten, 46 Abbildungen, S 390,-. ISBN 3-900948-13-3 Der Autor, der als im Mühlviertel ansässiger Kleinverleger in seiner Edition Geschichte der Heimat sehr verdienstvoll mehrere zeitgeschichtli che Werke herausgebracht hat, will mit dem vor liegenden Band die Kriminalität im Mühlviertel etwa in den ersten vier Dezennien unseres Jahr hunderts dokumentieren, nicht zuletzt deshalb, weil die ausgewählten Kriminalfälle dieses kurzen Zeitraumes auch dessen gesellschaftliches Umfeld widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund mag der Leser die geschilderten Delikte in einem anderen Licht sehen, als sie den damaligen Gerichtsperso nen und den berichtenden Journalisten erschienen sind. Wer zwischen den Zeilen zu lesen versteht, wird überraschende und eindringliche Einblicke in die damaligen Verhältnisse gewinnen können. Wenn sich der Autor fast ausschließlich auf Zeitungsberichte stützt, ja sie zum Teil wörtlich übernimmt, so erweckt er damit im Leser das Ge fühl der Unmittelbarkeit und macht ihn so gewis sermaßen zum Zeitzeugen; dabei können die Dar stellungen freilich subjektiv sein (Meinungsarti kel) und auch eine andere Wertung denkmöglich erscheinen lassen. Trotz der im allgemeinen wert freien Wiedergabe der kriminellen Fakten kann sich der Autor - im Sperrdruck - in Einzelfällen eines, wenn auch mehr erklärenden Kommentars nicht enthalten. Wenn heute eine verbreitete Ju gendkriminalität beklagt wird, muß auch die da mals relativ hohe Zahl der jugendlichen Straftäter zur Kenntnis genommen werden, vor allem bei Brandstiftung und Mord. Die Ausführungen in der Einleitung über die damaligen monetären Ver hältnisse sind für den Leser insofern nützlich, als er in den Berichten genannte Beträge unschwer zu den heutigen Werten in Beziehung setzen kann. -Der Inhalt ist zunächst in die Darstellung der „großen Verbrechen" in sechs Abteilungen geglie dert. Unter diesem Sammelnamen versteht der Autor lediglich schwerste Blutverbrechen wie Tot schlag, räuberischen Totschlag, eine Reihe von Morden, auch mit Gift, qualifizierte und mehrfa che Morde, auch in Verbindung mit Bandenkrimi nalität. Herausgegriffen seien die Titelgeschichte, in welcher eine Frau in Königswiesen ihren mißlie big gewordenen Lebensgefährten mit vergifteten
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