gungen erreicht, leben in einem modernen Sozialstaat, genießen die Menschen rechte. Daß auch diese grundsätzlichen Werte ständig und durch jeden einzelnen gesichert werden müssen, zeigen uns die augenblicklichen Kriege und Krisen in Europa, die ein Potential von Grausamkeit und Unmenschlichkeit freilegen, das wohl in jedem Menschen schlummern kann. Materielle und soziale Verunsicherung oder Veränderungen des Weltbildes können Auslöser werden für Aggressionen aller Art. Umso mehr gilt es an der Sicherung der allgemeinen Lebensumstände zu arbei ten, um auch die ethischen Ziele zu erreichen. Wirtschafts- und Wissenschaftsfeind lichkeit ziehen immer weitere Kreise, alternative und fanatische Gruppierungen sagen sich von der bestehenden Gesellschaft los. Pseudoreligiöse und pseudokulturelle Gruppierungen, Keltenfieber, die Wiederkehr der alten Germanen, Kult und Mystik in den Alpen u. v. a. bieten Flucht möglichkeiten aus der Realität an. Makrokosmische, mythische und tausendjährige Ffeilslehren ähneln einan der oft erstaunlich. Sie kommen den steigenden Bedürfnissen nach einem Umden ken, einem Wertewandel entgegen und schaffen oft strikte Abgrenzungen zwischen geistiger und materieller Sphäre, zwischen Vergangenheit und Zukunft. Umso not wendiger erscheint es, in allen Bereichen unserer materiellen und ideellen Umwelt eine menschenwürdige und lebenswerte Zukunft für alle Mitglieder der Gesellschaft anzustreben. Der Volkskultur, nämlich jener Kultur, die den Alltag der Bevölkerung direkt betrifft, kommt hier wesentliche Bedeutung zu. Dazu gehört auch die offene, enga gierte Auseinandersetzung von Menschen. Unsere Zeit kennt mehr Freiheit und Freizeit für jeden einzelnen als jegliche zuvor. Allerdings scheint es manchmal, daß sich diese Freizeitkultur zu einer Gegenkultur der realen Lebenswelt entwickelt hat, allseits „organisierten Individualismus" anbietet und bewußt aus dem alltäglichen Lebensraum hinausgeht. Kunst und Kultur werden durch ihre Surrogate ersetzt, statt Mittel der Auseinandersetzung und Begegnung zu sein. „Die Welt gehört jenen, die die größere Hoffnung anbieten", sagte Teilhard de Ghardin. Die unterschiedli chen Entwicklungsstufen der Geschichte von Dr. Faust geben uns hier ein gutes Lehrbeispiel. Das alte Volksbuch von Dr. Johannes Fausten läßt Faust alle Verlockun gen der Welt durchziehen und ihn in der Verdammnis enden. Goethe läßt seinen Heinrich Faust zu dieser Reise durch die Wunschbilder und -träume des Menschen antreten aus der Frage nach den inneren Zusammenhängen der Welt heraus. Von der schlichten Neugierde, durch alle Stufen der Lust, bis hin zur ethischen Erkennt nis läuft der Weg. Und dieser Faust findet die Erkenntnis, er durchläuft die Stufen der Entwicklung zum Individuum, um schließlich in bewußter Sozialisation das Ziel des Lebens im Dienste an der Umwelt, an der Gesellschaft zu finden. Hier kommt auch den Vereinen und Gruppierungen der Volkskulturpflege und den jungen Kulturinitiativen große Bedeutung und ebenso große Verantwor tung zu. Den einzelnen zum mündigen Bürger, zum selbstbewußten Individuum zu erziehen heißt hier die Aufgabe. Kleine Gruppierungen, Vereine, Minderheiten etc. haben das Bedürfnis, sich nach innen zusammen- und nach außen abzuschließen.
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