OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 2

In jedem kleinen, überschaubaren System ist Demokratie leichter durchführbar, mehr Eigeninitiative möglich und damit die direkte Identifizierung der Mitglieder leichter. Diese Identifikationsmuster bedeuten stärkere Absicherung des einzelnen und damit vermehrtes Engagement. Die Gefahr liegt allerdings in einer zu einseiti gen Nabelschau - die von vielen darunter verstanden oder dadurch sanktioniert wird -, die einerseits alles von außen Kommende abschottet, als nicht notwendig, oft sogar als gefährlich erachtet und daher die eigene Kultur gegenüber anderen Kultu ren aufwertet. Des weiteren geht in einer Überhöhung der Kleinheit häufig auch das Gefühl dafür verloren, daß Ideimat auch im Großen liegen kann. Die österreichisch-ungari sche Monarchie, die englischen und französischen Kolonien, das sogenannte Mittel europa, sie alle waren für Menschen unterschiedlichster regionaler, ethnischer und religiöser fierkunft fleimat durch wesentliche Identifikationsfaktoren, die neben den regionalen Besonderungen existierten und heute vielfach noch erkennbar sind. So sind auch in einer Internationalität gewisse Qualitäten von Heimat auf findbar. Überall dort, wo wir in der Fremde, in ungewohnter Umgebung, etwas Wie dererkennbares finden, fühlen wir uns bereits sicherer als in einer unbekannten Kul tur verankert. Teilweise werden solche Empfindungen heute gezielt angestrebt, etwa in den modernen Hotelstandards, die auf der ganzen Welt Gleiches bieten. Auch viele Erscheinungen des volkstümlichen Kitsches sind Ausdruck dieser Suche nach Wiedererkennbarem; denken wir etwa an die „Airport Art", die keinerlei Hinweis auf die Region ihrer Herkunft gibt, sondern international typisiert ist und nur aus tauschbare Aufklebebildchen und Aufschriften trägt. Der Reisende findet Bekanntes wieder in einer fremden Welt, fühlt sich dadurch rückversichert, keinerlei Geschmacksanforderungen werden an ihn gestellt, er kauft den immer gleichblei benden Wanderstock, den Kofferaufkleber, das schicke Hütchen und ähnliches. Damit haben wir hier sowohl einen positiven als auch einen negativen, vereinheitli chenden, nivellierenden Aspekt der internationalen Kultur vor uns. Als Reaktion darauf sind bereits die „Geheimtipreisen", längst auf „regional" durchstilisiert, ent standen: die steirische Buschenschank im Kiefernholz-Alpen-Finn-Design für drei Autobusse; der in Taiwan erzeugte Salzkammergut-Schilfpatschen; die pseudo historische Salzburger Hausmannskostaktion; die Führungen in städtische Hinter höfe. Auch diese Suche nach dem „Echten", „Lokaltypischen" treibt vielerlei Blüten. Häufig werden diese neuen Regionalkonstrukte auch von den Einheimischen verinnerlicht und verändern so Geschichtsbild und Volkskultur nachhaltig. Bedeutung der Volkskullur Was ist und war also diese Volkskultur, die heute häufig zwischen einer „Zelebration des ewig Althergebrachten" (Hans Haid) und einer modernen Regio nalkultur der internationalen Vereinheitlichung hin und her gerissen erscheint? Auf welche Weise kann Volkskultur zum Mittel der kulturellen Entfaltung werden? Unsere gegenwärtige Volkskultur resultiert aus einer Vielfalt von Einflüssen. Sie ist grundsätzlicher Lebensrahmen, das gesamte kulturelle Umfeld des Men-

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