OÖ. Heimatblätter 1993, 47. Jahrgang, Heft 2

lichung abheben soll. Zum dritten aber, und hier liegt eine Gefahr, wird diese Indivi dualität der Länder und Regionen einerseits zum Tourismusmagneten, zur weithin gleichen Folkloreshow mit unterschiedlichen Äußerlichkeiten, aber andererseits auch zum Mittel der Ab- und Ausgrenzung gegenüber anderen. Und hier liegt der springende Punkt. Hier haben wir uns mit aller Ernsthaf tigkeit zu fragen, was uns diese „Volkskultur" in Zukunft bescheren soll, was sie uns bieten kann. Es gilt Vorsicht walten zu lassen, daß Volkskultur nicht wieder zum ras sistischen Fanal wird. Auf- und Abwertungen mit sich bringt und ein Freund-FeindDenken fördert. Damit kehren wir zum Titel zurück. Als Ziel sollte uns vorschwe ben : „Volkskultur als Grundlage kultureller Entfaltung", interkultureller Kommuni kation, Volkskultur als Lehrbeispiel für das tolerante Verständnis anderer Kulturen. Volkskultur als Ausdruck von Heimal Begriff und Sache Volkskultur sind sehr eng mit dem Begriff Heimat verbun den. Volkskultur ist ein Teil dieser Heimat, die nicht ausschließlich nur eine örtliche oder familiäre Zuweisung ist, auch nicht nur Reminiszenz an die Unbeschwertheit der Kindheit, sondern eine ganz wesentliche psychische und soziokulturelle Größe darstellt. Heimat ist als konkrete und gegenwärtige Heimat wohl immer der Mittel punkt unseres alltäglichen Lebens, das formulierte etwa Peter Landesmann so: „... dort, wo es mir gut geht, wo ich gerne zu Hause bin, das ist für mich meine Hei mat" (Lebens-Mittel). Erhard Busek nannte Heimat den Ort, „wo ich Bindungen verspüre", und Karel Smolle nannte Heimat Vertrautheit (Lebens-Mittel). Damit zeigt sich aber bereits, daß Heimat viel weniger eine geographische oder politische als vielmehr eine psychische und soziokulturelle Größe ist. Diese psychische und soziokulturelle Bedeutung kommt ebenso dem Begriff Volkskultur zu. Auch unsere Volkskultur oder, um an die gegenwärtige Gesell schaftsstruktur angepaßt zu formulieren, die Kulturen jener Gruppen der Gesell schaft, denen wir angehören, schaffen uns Vertrautheit, Bindungen, Zugehörigkeit. Volkskultur als Mittel der Identifikation und Integration Volkskultur dient der Einordnung in eine Gemeinschaft, damit der sozialen Bindung, der „Sicherung der Sicherheit" (Bausinger). Der Salzburger „Philosoph der Kleinheit" und Ökonom Leopold Kohr ist für sein „small is beautiful" berühmt geworden. Er sagte unter anderem: „Je kleiner etwas ist, umso mehr ist es Heimat", oder auch: „Nur in der Provinz bin ich kein Provinzler." Leopold Kohr wurde damit zum einen der Vorreiter einer Regionalkulturbewegung und im wirtschaftlichen Bereich einer Bewegung der überschaubaren wirtschaftlichen Verbände. Genauso aber wird Leopold Kohr auch für viele Aktionen und Aktivitäten des Kantönli geistes mißbraucht. Viel Wahres, aber auch viel Gefährliches liegt in seinen Aussa gen. Je kleiner etwas ist, desto überschaubarer ist es eben, desto leichter fällt die Identifikation - etwa mit einer Region, mit einem Lebensraum oder mit Lokalkultur.

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