OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 4

Ernst Jüngers schätzt, dessen Name einer der meistgenannten in diesen Aufzeichnungen Carl Schmitts ist. Übrigens erleichtert das Verzeichnis der im Text vorkommenden Namen mit kurzen Angaben zur Person dem Leser die Orientierung über den „weitgespannten persönlichen und sach lichen Kontext des Glossariums" (Vorwort des Tierausgebers). Weil der unter dem 30. August 1947 notierte H. Heller in diesem Verzeichnis fehlt - der in derselben Zeile genannte Willy Haas ist dagegen darin aufgenommen sei die - wohl be rechtigte - Vermutung geäußert, daß Hermann Heller (1891-1933) gemeint war: Dieser, ein ge bürtiger Österreicher, übrigens aus Teschen (Inn viertel 1779 zu Osterreich), war als „der Staats rechtler der Weimarer Republik" ein erklärter Gegner der Staatssicht Carl Schmitts. Eingeleitet sind die Aufzeichnungen Schmitts mit einem le senswerten kurzen Essay des deutschen Staats rechtlers Joseph H. Kaiser, eines Schmitt-Schülers. Ob man nun den manchmal allzusehr dem Selbst mitleid wegen seiner politischen Achtung nach dem Zweiten Weltkrieg nachgebenden Tagebuch schreiber im wesentlichen zuzustimmen vermag oder nicht: Gewiß ist, daß der Gewinn an Bildung, den die Lektüre zu geben in der Lage ist, beträcht lich ist, wozu noch die Anregung tritt, scheinbar stabile Ansichten über geistige Fragen unserer Zeit neu zu überdenken. Josef Demmelbauer Carl Schmitt: Völkerrechtliche Großraumord nung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte. Berlin: Verlag Duncker & Humblot, 1991. 82 Seiten, DM 38,-. „Wenn Reiche zusammenbrechen und um neue Ordnungen gekämpft wird, erscheint die Struktur der den alten Reichen zugeordneten Völ kerrechtssysteme in greifbarer Deutlichkeit... Die alles beherrschenden und alles tragenden Grund begriffe jedes Völkerrechts, Krieg und Frieden, werden in ihrer zeitgebundenen Konkretheit sichtbar ..." (S. 65). Das wurde fast schon in „gro ßer Zeit", wenige Monate vor Ausbruch des Zwei ten Weltkrieges, gesagt, und der Zerfall der Groß raumordnung des Ostens mit seinen Bürgerkrie gen im Gefolge bestätigt uns diese Sätze. Die schriftliche Fassung des 1939 von Carl Schmitt ge haltenen Referates liegt nun neuerlich vor, und zwar als unveränderte Ausgabe der 1941 im Deut schen Rechtsverlag Berlin / Leipzig / Wien erschie nenen vierten Auflage. Obwohl das zweite der sieben Kapitel von der Monroedoktrin handelt, stellt Carl Schmitt in dieser Untersuchung die Ent wicklung insbesondere der europäischen Staaten dar und unterstreicht dabei, daß das europäische Gleichgewicht bis zum 20. Jahrhundert sich um eine schwache Mitte Europas bewegte, wo nach dem anschaulichen Satz von Clausewitz die zahl reichen deutschen und italienischen Kleinstaaten „als die kleinen und mittleren Gewichtssteine zur Ausbalancierung zwischen den Großmächten bald auf dieser, bald auf jener Seite in die Waag schale geworfen (wurden)" (S. 57). Eine so gewich tige Macht wie es die Bundesrepublik Deutsch land nach dem Beitritt der DDR ist, konnte daher nur zustande kommen, weil sie in die Großraum ordnung der EG einbezogen war. Von hier nimmt eine neue europäische Großraumordnung ihren Ausgang, freilich begleitet von der Möglichkeit, zu einer europäischen Superbürokratie zu wer den. Hier tut, wie Landeshauptmann Dr. Ratzenböck als turnusmäßiger Vorsitzender der Arge Alpen-Adria mit Recht immer wieder betont, eine Stärkung der künftigen europäischen Regionen not. Vor dieser neuen Herausforderung liest sich die über 50 Jahre alte Schrift Carl Schmitts unter anderen Vorzeichen, sie bleibt aber lehrreich und anregend. Josef Demmelbauer

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