Joseph Lange dürfte vermutlich in der Erinnerung eine Verwechslung mit einer anderen Reise unterlaufen sein (falls Sonnleithner nicht ein weiteres Mal in Dänemark gewesen war, worüber aber nirgends berichtet wird). Eine Kor respondenz zwischen G. A. Griesinger" und dem Verleger Breitkopf & Härtel aus den Jahren 1799-1800 könnte even tuell eine Aufklärung geben." Da steht zu lesen: „Kürzlich sey ein gewisser Sonnleith ner (oder Sonnenleiter) von hier abge reist, der ohne Zweifel nächstens nach Leipzig kommen werde, und Praenumeration auf eine Geschichte der Musik fordre, worin auch seine Werke (gemeint sind Haydns Werke, Anm. d. Verf.) er scheinen sollen." Demnach hätte Sonnleithner im Sommer 1799 - von Leipzig kommend - in Gmunden Aufenthalt nehmen kön nen. Sein Auftreten in Gmunden bei der von Lange geschilderten Wohltätigkeits veranstaltung in der Rolle des „Bitter mann" erscheint ja durchaus glaubhaft und könnte mit der von Griesinger er wähnten Reise im Zusammenhang ste hen. Ich will annehmen, daß Sonnleithner mit diesem damals viel gespielten Schauspiel von Kotzebue so vertraut war, daß er ohne große Mühe darin eine Rolle übernehmen konnte. Die weiteren Rollen waren neben Joseph Lange und seinen beiden Töchtern mit einheimi schen Liebhabern besetzt, die damals eine sehr rührige Theatergesellschaft ge bildet hatten. Kotzebues fünfaktiges Schauspiel „Menschenhaß und Reue" hatte seinem Verfasser Weltruf verschafft und war in viele Sprachen übersetzt worden." Es behandelt das Schicksal der Eulalia von Meinau, die ihre Ehe gebrochen hatte und nun unerkannt als Madame Müller auf dem Landgut des Grafen von Win tersee lebt, sehr wohltätig wirkt und ihre sündhafte Tat bereut. Der verlassene Ehemann war zum Menschenhasser ge worden. Er befindet sich als „Unbekann ter" in der Nähe des Schlosses, ver schließt sich aber vor allen Menschen. Herr Bittermann (Sonnleithners Rolle) ist Haushofmeister und Verwalter des Grafen von Wintersee. Bittermann ist ein Wichtigtuer, der auf seinen Vorteil be dacht ist, er ist ein Prahlhans, der stets seine Verbindungen zu verschiedenen Ländern und seine Korrespondenzen er wähnt, der aber trotzdem nicht imstande ist, das Geheimnis um Eulalia auszufor schen. Die Rolle ist nicht allzu groß, bie tet einem Darsteller jedoch die Möglich keit zu dankbarer Charakterisierung - einer Mischung aus einem Intriganten und devoten Diener. Dem Geschmack der damaligen Zeit kann mit einem glücklichen Ausgang gerechnet wer den." Ob Joseph Sonnleithner mit diesem Auftreten zum einzigen Male auf einer Bühne gestanden ist, kann nicht geklärt werden, ergänzt zumindest aber die Viel seitigkeit seiner Person um eine weitere Facette. Frida Reingruber Riemann, Musik-Lex. 1929. Griesinger, Verfas ser einer Haydn-Biographie, LegaKonssekretär der sächs. Gesandtschaft zu Wien, mit Haydn befreundet. " Georg August Griesingers Korrespondenz mit Joseph Haydns Verleger Breitkopf & Härtel 1799-1819. Hrsg. Otto Biba. Zürich 1987, S. 26 f. " Wilhelm Kosch, Deutsches Theaterlexikon, Kla genfurt - Wien 1960. " August von Kotzebue, Menschenhaß und Reue. Theatral. Sammlung, Wien 1790.
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