kann man Ilk als einen Kulturgutbewahrer des letzten Augenblicks ansehen; denn im Alltag muß Pfarrer Ilk in Baia Mare mit der rumänischen Amtssprache und mit Ungarisch als Pfarrumgangs sprache leben. Dazu kommt: 1989 sind vier seiner geistlichen Mitbrüder in der BRD geblieben. Umso beachtenswerter ist Ilks Meinung: Priester dürfen nicht ans Auswandern denken, denn sie sind die einzigen, welche den führerlos ge wordenen Gemeindemitgliedern Halt und Vertrauen zu geben haben. Die Ahnen seiner Mutter wanderten vor 200 Jahren aus Gmunden ins Wischauer Wassertal ein. Von ihr erzählt er: „Sie schenkte mir mein erstes Kinder buch, öffnete mir den Blick für schöne Literatur und Volksweisheit und machte mich mit dem Leben der einfachen Men schen vertraut. Sie hat mir auch indirekt sehr viel Mut gegeben, Erzählungen in der Sprache der Oberwischauer Zipser zu schreiben." Ilk besuchte eine deutsche Allgemeinschule. Die theologische Vor tragssprache war Ungarisch. Im Eltern haus sprach er Wischaudeutsch. Er gibt zu, daß Volkskunde und Sprachfor schung jene Gebiete sind, bei denen er entspannen kann. Als Kostprobe der Wischauer Mundart in Ilks Orthographie sei der Anfang der Kschicht „Ti Entscheidung" zitiert: „Das Klima vun der Maramuresch, wu ti Zipsern lehnt, is pald das kanzi Jahr kiel und feicht. Tas hat ßeini Vortain, aber auch viel Nachtal. Anerßeits kwehnent ßich ti Wischauer Kinder schunt vun Klanerheit af ti Käldn und ßind weniger hacklich alswie ihresgleichn vun anderi Gegndn..." Unwillkürlich muß man bei diesem unbekannten Stadtpfarrer aus Baia Mare an Grillparzers Ausspruch im „Armen Spielmann" denken: „Man kann die Be rühmten nicht verstehen, wenn man die Obskuren nicht durchgefühlt hat." Ebenso ergeht es einem mit Johann Stierl aus Marchtrenk, der 1992 seinen 80. Ge burtstag feiert. Stierl wurde in der Gemeinde Wermesch in Nordsiebenbürgen in einem Bauernhaus geboren (in der Nähe von Klausenburg). Er sollte den Hof über nehmen. Sein Wunsch aber war, Pfarrer oder Lehrer werden zu können. In den Kriegszeiten diente er in der rumäni schen, in der ungarischen, zuletzt in der deutschen Wehrmacht. Nach entspre chendem Flüchtlingsschicksal fand er seine Familie in einem Lager in Linz wie der (Fabrikskaserne). Als Hilfsarbeiter hatte er die Kraft, die Arbeitermittel schule zu besuchen. „Von einem freien Wochenende weiß ich nichts, muß Hausaufgaben machen, lernen im merzu ..." Wer diese elegischen Zeilen des leidgeprüften Siebenbürger Deutschen liest, erlebt mit unmittelbarer Eindring lichkeit das Schicksal jener Kriegsgene ration, der die Nachkommen vorschnell Überheblichkeit vorwerfen. Stierls „Lin zer Elegien", 1981, sind eine knapp ge faßte Biographie voll Bitterkeit: „Ich glaub', daß ich mein Bestes tat, ob wohl gehemmt, verkannt von Zugereisten und von Hie sigen ..." Stierl stieg zum Facharbeiter auf und begann seine Erinnerungen Verlegern anzubieten. Eine harte Bewährungs probe für einen einfachen Erzähler! Er beweist Ausdauer und sieht es noch im mer als seine Aufgabe an, den Menschen
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