OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 3

Kurz darauf, am 14. Februar 1886, folgt eine weitere Urgenz aus Rib Lake: . ich glaube schon Du sollst vorläufig allein kommen /... es ist mir wohl sehr leid das ich sie so lange nicht sehen kann I... dan haben wir auch noch in unserer Nähe keine Schulle u /. in die andere da ist es doch zu weit..." Der mit dem Land fest verbundene Optimist glaubt daran, es in Amerika „zu etwas zu bringen", er schreibt: „... ich habe keine Angst das wir nicht zu etwas komen hir / es ist eine wahre Freude wen ich meine 80 Aker Land besehe / wen ich nur schon mehr Bäume wek-hätte / wen Du so fill Geld bringst wie Du schreibst, so ist es fileicht möglich das wir uns noch 80 Aker Stadtsland dazu kauffen / da kost der Aker 1 Dollar und ein Firtel..." Nachdem seine Frau die Abreise immer wieder aufschiebt, schreibt er, Unter stützung suchend, am 10. April 1886 aus Chelsea an seine „Gfattersleutte" u. a.: „... Hauptsächlich schreibe ich eich betrefs meiner Frau / es ist nun mein voller Ernst meine Frau zu mir herrüber zu nehmen, in dem ich 80 Aker Land habe und unbe dingt eine Frauenperson haben müste / so hoffe ich auch das meine Frau daher keine Zeit verzögern wird um mein Verlangen mit besten Willen durchzuführen I... nun habe ich schon 2 Aker klär u /. ein Häuschen darauf gebaut..." Er ist sehr ungehalten, daß sie noch nicht abgereist ist: „... u /. soll sogleich nach Amerika zu ihren Manne gehen, wen sie überhaupt will das wir in Amerika mitsamen glüklich leben wollen I... aber folgt sie meinem Rath nicht so bin ich ein sehr kaltblütiger Mann..." Nun steht meine Großmutter vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: Soll sie zum Mann nach Amerika, wo als angetrautes Weib ihr Platz ist, oder soll sie den Bruch ihrer Ehe in Kauf nehmen, der Aufforderung des Mannes nicht entspre chen, weil ihr die Risken der Auswanderung zu groß, die Möglichkeit der Grün dung einer gesicherten Existenz zu ungewiß, die Gefahren der Seereise (Schiffskata strophen, Krankheit während der Überfahrt usw.) zu groß und der Einsatz ihrer bescheidenen Ersparnisse zu riskant erscheint? Eine dramatische Zerreißprobe. Sie fährt nicht. Nach zwei Jahren der Trennung zerbricht die Ehe, obwohl diese nie geschieden wurde, 1886 bricht er den Schriftverkehr mit seiner Frau ab. Meine Großmutter muß für sich und ihre Tochter den Lebensunterhalt verdienen, mein Großvater, falls er als Farmer bestehen will, in Amerika eine Frau suchen. Franz Bauer wandert weiter nach Minneiska im Bundesstaat Minnesota. Der nächste Brief kommt erst am 5. Juni 1889 an seinen Bruder Josef aus Minneiska. Darin berichtet er über seine gerade nicht rosige finanzielle Lage so: „... es geht jetzt mit meinen Geldeinnahmen so langsam das ich selbst schon lange Zeit ohne Geld im Hause bin I ... Ich habe für 60 Doll. Holz am Rever''* stehen aber die Stimbots" haben so fill Logs"^ hir ligen, und da kan kein Bot an das Ufer heran fahren um Holz Rever = river; hier ist der Mississippi gemeint. " Steamboat = Dampfschiff. " Am Flußufer des Mississippi gestapelte Baumstämme.

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