OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 3

in größeren Brauereien vor. Die Uhr wurde zur Richtlinie für eine geregelte Arbeits zeit, wie sie in einem handgeschriebenen Arbeitsvertrag für die Zipfer Brauer vom 26. April 1896 überliefert ist. Darin wurde ein elfstündiger Arbeitstag sowie jeden zweiten Sonntag ein mindestens 24stündiger freier Tag festgelegt. Das ursprüngliche Zeitsignal des autarken Hauses war die Hausglocke auf dem Dach. Zum Signal eines industriellen Braubetriebes wurde der Pfiff, der beim Luftablassen eines Dampfkessels ertönt. Z Festlichkeiten - Freizeit Wie wurden die wenigen arbeitsfreien Stunden, Festzeiten gleich, im Alltag eines Brauereiarbeiters genutzt? Nach mündlichen Berichten saßen die Arbeiter abends nach dem Essen, bevor sie sich ins Burschenzimmer zu Bett begaben, noch entweder im Braugasthof oder im Bräustübl zusammen. Ein ländliches Brauhaus war immer ein beliebter Ort, wo Reisende abstiegen und wo bei verschiedenen Anlässen Tanzveranstaltungen abgehalten wurden. Aus dem Rieder Bezirk wird schon aus dem 17. Jahrhundert berichtet, daß die Bräu für das ledige Gesinde an Feiertagen den Lumpentanz halten und dadurch die Jugend die Arbeit versäume.^" Diese ausgelassenen Zusammenkünfte auch im Brauhaus selbst müssen für die Verwaltung immer ein Problem gewesen sein. Noch in der Braumeisterinstruk tion von Aurolzmünster aus dem Jahre 1881 wird untersagt: „... die Abgabe von Gratisbier für die das Bräustübl zu geselligen Unterhaltung befindenden fremden Leute oder Kameraden der Brauerburschen. Solche Unfüge sind nur geeignet die Bräuleute bei ihrer Arbeit und Ruhe zu stören ... und die Wirte ... zu Klagen ... zu veranlassen." Diese Zusammenkünfte im Bräustübel hielten sich solange, solange die Brauereiarbeiter ihr alltägliches Leben, also Arbeit und Freizeit, im Brauhaus ver brachten. Meine Gewährspersonen erzählten von lustigen Treffen mit Knechten aus der Landwirtschaft zum Kartenspiel und auch von Mädchenbesuchen auf den Burschenzimmern. Gingen die Brauereiarbeiter gemeinschaftlich außerhalb des Brauhauses ihrem Freizeitvergnügen nach, besuchten sie meist irgendeine Lokalität. Dabei kam es manchmal zu Schlägereien. Vor allem aus Ried sind einige überliefert.^^ Rauf exzesse gab es im Jahr 1871, auch 1879 zwischen Brauergehilfen und einem Bauernsohn^^ und 1884 zwischen Bauernburschen und den Bräuknechten des Brauereibe sitzers August Claudi. Letzterer selbst ist dabei laut Angabe in „Claudis Tagebuch" in einem Wirtshaus „von einigen Bräuburschen am 20. Jänner 1884 fürchterlich durchgehaut worden, 17 Löcher im Kopf."" Ludwig Pasch, Kulturgeschichtliche und volkhafte Wandlungen im Bezirk Ried im Innkreis. Ried 1967. Josef Mader, Die Stadt und ihre Kultur. In: Ried im Innkreis, Ried 1976, S. 156-209. " Rieder Wochenblatt 1871, Nr. 48, S. 382; 1879, Nr. 3. " Ein Verwandter der Familie des Brauereibesitzers hat dieses Tagebuch angelegt. Es ist unter Nr. B-05 im Rieder Volkskundehaus verwahrt.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2