tige Verhältnisse bestehen größtenteils in Mühlen und Brauereien. In diesen Indu striezweigen stehen fast durchgehends den Arbeitern sogenannte Burschenzimmer zur Verfügung und sind dies meistentheils große Räumlichkeiten, in welchen 15 bis 20 m^ Raum auf die Person entfallen." Ideißt der Wohnraum der Brauereiarbeiter im Plan von Aurolzmünster aus dem Jahre 1870 noch „Bräustübl", so ist er auf dem Plan der Brauerei Ach an der Salzach 1913 in der gewandelten Bezeichnung als „Bur schenzimmer" eingetragen. Die älteste schriftliche Beschreibung der Einrichtung eines Bräustübls im Innviertel stammt aus dem herrschaftlichen Brauhaus Aurolz münster aus dem Jahre 1791: „3 Bettstädten, mit 3 schlechten Lieg- u. Duketbetten, 3 Pölstern, und 3 Strohsäken. 1 alter Kasten, 2 Hengtischl, 5 eisene Leichter." In dem zitierten Auszug aus Hans Schatzdorfers Gedicht ist die Position eines Rieder Burschenzimmers neben dem Sudhaus angegeben. Die Gewerbein spektoren von 1886 und 1898 berichten wiederholt von der schlechten Luft in Braue reien, wo die Wohnräume direkt neben den Arbeitsräumen gelegen waren. Die Genossenschaftsbrauerei besitzt als einzige noch heute ein Burschenzimmer. Brauer, die eine weite Anfahrt zur Arbeit haben, benützen es heute noch, wenn in der Früh bald mit dem Sieden angefangen wird. Es stehen vier Betten darin mit Tuchenten und karierten Bezügen in den Farben Blau-Weiß und Rot-Weiß. Schlaf- und Eßräume waren bereits andernorts getrennt gehalten, und auch in Ried finden wir eine Art Wohnküche im Vorraum des Schlafzimmers. Dort befinden sich ein Radio, eine Kochstelle, Abstellraum, Eßplatz und eine Waschgelegenheit. In Brauereien wurde immer auf eine gewisse Reinlichkeit und Pflege der Zimmer Wert gelegt. Da die Ausstattung der Burschenzimmer Brauereieigentum war, wurde die Bettwäsche von der Brauerei gewaschen, und die Zimmer wurden regelmäßig gereinigt. Die Arbeiter mußten sich bisher überall mit niedrigen Lohnkosten und der unentgeltlich zur Verfügung gestellten Unterkunft und Verpflegung zufrieden geben. Das band sie nicht nur räumlich eng an die Brauherrnfamilie, sondern machte ihre ganze Lebensweise vom Unternehmer abhängig. „In allen Betrieben wurde die Zahl der Arbeiter, die ihre Bettstelle benützten, von Jahr zu Jahr geringer. Der Unternehmer hatte an den Betriebswohnungen kein Interesse mehr, weil er durch die vertragsmäßig geregelte Arbeitszeit den Arbeiter nicht mehr zu jeder beliebigen Stunde zur Arbeit anhalten konnte", war im Ver bandsblatt im Jahre 1912 zu lesen. Der Aufenthaltsraum in größeren Brauereien wurde bis zum Zweiten Welt krieg „Schalanda" genannt. Durch den von der nationalsozialistischen Führung ein geführten Ausdruck „Gefolgschaft" verwandelte sich der Schalanda in einen „Gefolgschaftsraum". Heute besitzt jede der Mittelbrauereien einen Gefolgschafts raum, wo man sich zur Mittagspause aufhält, Festlichkeiten abhält und Besichti gungsgruppen bewirtet. Der Gefolgschaftsraum ist ein Relikt aus der Zeit des gemeinschaftlichen Wohnens in Brauereien. Das Bräustübl, in dem die Brauereiar beiter schliefen, ist heute in der ursprünglichen Bedeutung als ehemaliges Burschen zimmer unbekannt. Der Name hat sich für eine öffentliche Gastwirtschaft, die in Verbindung zu einer Brauerei stand bzw. steht, erhalten.
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