der Arbeit zurückgekehrt. Es ist zweifelsohne ein gewisses fachliches Wissen nötig, um den Brauvorgang mit all den chemischen und technischen Abläufen zu erfassen. Dieses Wissen hebt den Brauereiarbeiter von seiner ländlichen Vergangenheit ab. Zudem besitzt das Innviertel kaum eine vergleichbare Arbeiterschicht, kaum industriell-technisierte Betriebe, mit welchen man wissensmäßig konkurrieren und ein klassenspezifisch gemeinsames Verhalten entwickeln konnte. Das handwerklich hierarchische Denken ist bis heute in den Brauereien erhalten geblieben, ja wurde von brancheneigenen Fachbüchern unter Appell an die gute Handwerkszeit noch vor wenigen Jahrzehnten empfohlen.^® Die meisten organisierten Brauer gab es in der Zipfer und der Linzer Poschacher-Brauerei. Als ein Streik in der Rieder Genossenschaftsbrauerei im Jahre I9I0 nur mit teilweisem Erfolg und mit dem Austritt der meisten Brauereiarbeiter aus der Organisation über Aufforderung des Unternehmens beendet werden mußte, wurde den politischen Aktivitäten und beginnenden Hoffnungen im Innviertel ein Rück schlag versetzt. Bei nachfolgenden Lohnforderungen schickte der Gewerkschafts verband nur die Linzer Foschacher-Brauerei ins Gefecht und hatte damit erst nach dem Ersten Weltkrieg die ersten Erfolge zu verzeichnen. Bekannt ist, daß auch mehrere politische Kämpfer der Februarrevolte 1934 Arbeiter der Linzer Brauerei waren. Die Sozialdemokraten Bulgari, Schwingham mer und Gschwandtner wurden nach den Linzer Kämpfen zum Tode verurteilt. Wenn man Einblick in das Leben der Brauereiarbeiter gewinnt, Wohnsitua tion, Verpflegung und Freizeitmöglichkeiten in ihrer Entwicklungsgeschichte betrachtet, kann die abgekapselte politische Situation im Innviertel besser verstan den werden. In Gesprächen fiel auf, daß die Daten, die die Brauerei zum Beispiel bei technischen Neuerungen betreffen, eingeprägt sind. Hingegen auf die Frage, in wel chem Jahr die eigene Hochzeit stattfand, fand sich keine so schnelle Antwort! Wer durch das abseits der österreichischen Hauptverkehrsadern gelegene Innviertel von Brauerei zu Brauerei fährt, erkennt in vieler Hinsicht eine entwick lungsgeschichtliche Reliktstellung, aus der die meisten Betriebe erst in den letzten Jahren unsanft geweckt worden waren. 5. Wohnen „Da Wög durö d'Sudhaustür geht zo mein Nachtquartier." (aus Hans Schatzdorfer: Da Kellabräu-Bierteufö) Je weiter man Richtung Salzach ins obere Innviertel kommt, umso länger hat sich das Wohnen beim Brauherrn bis nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten. Der Verband der Brauereiarbeiter in Wien hatte schon im ersten Memorandum I87I um eine Abschaffung der Schlafstellen in Brauereien gekämpft. Im Innviertel ist diese Wohnform noch neunzig Jahre danach belegt! Erst in den letzten Jahrzehnten gingen Karl Lense, Katechismus der Brauereipraxis. München 1940.
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