OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 3

Der Bericht der Gewerbeinspektoren aus den achtziger Jahren des 19. Jahr hunderts bestätigt die Vorrangsteilung des Braugewerbes im oberösterreichischen Lohnvergleich. Die Brauerburschen gehörten mit sieben bis zwölf Gulden per Woche ohne Verpflegung zu der Gruppe der bestbezahlten Arbeiter. Ein „Bericht zur Meierei Rohbilanz vom 4. Juni 1929" aus Zipf beweist den Unterschied durch Zah lenmaterial. Ein männlicher landwirtschaftlicher Arbeiter verdiente im Taglohn S 5,40, ein weiblicher S 4,32; ein Brauereitaglöhner - die einzige vergleichbar nied rige Lohnkategorie in der Brauerei - männlich S 8,80, weiblich S 6,36! Die Gewährs personen haben diese Lohnunterschiede gar für die fünfziger Jahre unseres Jahrhun derts bestätigt. In Brauereien war es üblich, die gelernten bzw. für die Dauer der Sudzeit fest angestellten Brauer monatlich zu entlohnen, die Brauhelfer wöchentlich bzw. im Taglohn. In dem genannten Bericht der Gewerbeinspektoren wird angeführt, daß in einigen stark handwerksmäßig orientierten Berufen wie in Mühlen, Brauereien und Gerbereien die Burschen monatlich, die Taglöhner wöchentlich entlohnt werden. In diesen Unterschieden sahen die in Wien bereits gewerkschaftlich organisierten Brauereiarbeiter ein Hindernis zur Bildung eines Klassenbewußtseins unter Fabriks arbeitern. „Es mag ja sonderbare Käuze unter den Brauern gegeben haben, die im Monatslohn eine Art Vorrecht erblickten, die Anerkennung, daß sie nicht gewöhnli che Fabriksarbeiter seien, sondern etwas ,Besseres'."^'^ 4. Politisches Bewußtsein Einige Gründe sind anzuführen, warum meines Erachtens gerade die Innviertier Brauereiarbeiter sich auffallend unpolitisch verhalten. Darunter verstehe ich, daß sie nach ihren eigenen Angaben kaum über Politik im Betrieb reden und sich von polihschen Ereignissen, die außerhalb dieser Region geschahen, distanzier ten, ja für die Ideologien polihscher Organisationen bzw. für eine Mitgliedschaft schwer zu gewinnen sind. Als erster Grund kann die Herkunft der Brauereiarbeiter erwähnt werden. Der Aufstieg vom Landarbeiter zum sozial höherstehenden Braue reiarbeiter bedeutete das Erreichen eines persönlichen Zieles, das man durch keine politische Aktivität gefährden mochte. Eine sichere Arbeit wollte man nicht verlie ren. Vermutlich partizipierte man auch ein wenig von der Glorie der hohen Stellung der Brauherrn im Innviertel. Es entstand in jeder sich aus der Landbevölkerung rekrutierenden Brauereiarbeitergeneration der Berufsstolz der Brauer, der die Gewerkschaft bei ihrer Arbeit behinderte, in den kleinen, verstreut und verkehrsun günstig liegenden Brauereien Oberösterreichs ein überregionales Solidarisierungsbestreben zu erwecken. In meinen Gesprächen mit Brauereiarbeitern drehte sich alles um die Braue rei, von der Familie wurde nur weniges berichtet und schnell wieder zur Schilderung " Julius Deutsch, Der Tarifvertrag in den österreichischen Brauereien und Faßbindereien. Wien 1909, S, 32. " Verbandsblatt: Organ der Brauereiarbeiter, Faßbinder und verwandter Berufe Österreichs. Wien 1913, Nr, 4, S. 2.

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