ein eigenes Zimmer hatte. Der Raum des Braumeisters von Aurolzmünster ist auf diesem Plan von 1870 neben dem Eingang in das Sudhaus als „Schreibzimmer" ein gezeichnet. Heute ist das Zimmer des Braumeisters aus der Nähe zum Sudhaus ent fernt und in den Verwaltungstrakt integriert. Betrat ich ein Braumeisterzimmer in Schärding oder Ried, fiel mir auf, wie kalt und unbewohnt es wirkte. Sichtlich benut zen jene ihr Zimmer wegen der weiten Entfernung vom Ort der Produktion selten. In der Rieder Genossenschaftsbrauerei muß gar eine Glocke geläutet werden, um anzuzeigen, daß ein Sud fertig ist und daß der Braumeister im Sudhaus das Bier kontrollieren soll. Daran ersieht man, wie funkhonell die Lage des Braumeisterzim mers früher war! Dem Braumeister und seiner Familie wird bis heute vom Unternehmer eine Wohnung oder ein Haus zur Verfügung gestellt. Und noch heute liegen die zur Ver fügung gestellten Räumlichkeiten so nahe wie möglich am Brauhaus. In einem Vertrag für den Braumeister des Linzer Stadtbrauhauses um 1800 wird diesem zugestanden: „400 fl. Jahresgehalt in vier Raten, Halbjahrskündigung, freie Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, einer Küche und Keller, Dienstboten raum, freie Kerzen und Holz und ein Eimer weißes oder braunes Bier pro Woche." Laut einer Braumeisterinstruktion aus Aurolzmünster aus dem Jahre 1881 verdiente ein Braumeister vergleichsweise nur wenig mehr, und seine Unterbringung ähnelt der obigen: „Braumeisters Besoldung ... auf einen jährlichen Geldgehalt von 500 fl. öst. Whrg. zahlbar in Monats Raten von je 41 fl 66 kr erhöhen, außerdem in freier Wohnung, drei Zimmer im 1. Stock des Brauhauses sammt Küche, dann noch ein ebenerdiges Zimmer, freier Beheitzung und Beleuchtung. Dem Braumeister wird wie bisher gestattet ein paar Schweine und die nöthigen Hühner zu halten, und erhält sein ... Pferd, in der Oekonomie frei Verpflegung und Bedienung." Mit Naturalien wurde also das vom städtischen zum herrschaftlich-ländli chen Braumeistervertrag abfallende Lohnniveau ausgeglichen. Dem Braumeister stand manchmal sogar Dienstpersonal zu; jenem der Rieder Genossenschaft stand gar der Dienstwagen des Präsidenten der Genossenschaft zur Verfügung. Der Braumeister zählte im 19. Jahrhundert zu den „Beamten" eines Betriebes, der Frühform der Angestellten im Innviertel. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts tau chen in Ried und Schärding „Beamtenvereine" auf. Diese Beamten heben sich deut lich in ihrem Wohnen und Feiern von der Arbeiterschaft ab. Um 1870 wurde ein Wohnhaus für Herrschaftsbeamte des Brauhauses der Grafen Arco-Valley in St. Martin im Innkreis erbaut und bestand bis 1946.® Die Beamtenkränzchen in Zipf waren zur Jahrhundertwende ein festlicher Anziehungspunkt für die ganze Umgebung. Im Jahre 1910 war der Rahmen im „Biedermeier-Style" gestaltet, 1911 als „Ein Tanzfest auf der Alm". Der Oberösterreichi sche Gebirgsbote druckte folgenden Bericht: „Fast sämtliche Besucher erschienen, dem Ballfeste entsprechend, in Kostümen als flotte Buam und reizende Dirndln, ® St. Martin im Innkreis. Hrsg. von der Marktgemeinde. Ried 1984, S. 194.
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