OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 2

„Was man erwischt, wird kalt erschossen" Ried in der Riedmark und die „Mühlviertler Hasenjagd" am 2. Februar 1945 Von Ernst Gusenbauer Für zwei Tage im Februar 1945 wurde der kleine Marktflecken Ried in der Riedmark zu einer traurigen Stätte der grauenvollen Menschenjagd der SS-Bewa chungsmannschaften an Flüchtlingen des Konzentrationslagers Mauthausen. In sei ner Chronik hat Pfarrer Michael Kirnbauer jene Tage der Not, der Verzweiflung und des Schreckens aufgezeichnet und damit der Nachwelt erhalten. Am 4. Dezember 1937 trat Michael Kirnbauer sein Amt als Pfarrer der Marktgemeinde Ried in der Riedmark an.^ Der am 1. Juli 1885 in St. Marienkirchen an der Polsenz geborene neue Pfarrer absolvierte das Staatsgymnasium in Linz und wurde am 28. August 1912 zum Priester geweiht. Nachdem er mehrere Jahre als Aushilfspriester und Kooperator in verschiedenen Pfarreien Oberösterreichs tätig war, wurde er 1921 Forstmeister und Verwalter im Kloster Pulgarn.^ Von 1932 bis zu seiner Berufung nach Ried in der Riedmark ist er Wirtschaftsdirektor und Ökonom im Stift St. Florian.^ In den ersten Tagen nach dem Anschluß wird Pfarrer Kirnbauer von den Nationalsozialisten abgeführt und in der Gemeindestube einem Verhör unterzogen. Mutig lehnt er es ab, anstelle des Meßgewandes zivile Kleidung zu tra gen. Schon steht der Kastenwagen bereit, um ihn zum Gendarmerieposten nach Mauthausen zu bringen, da erbittet der dortige Kommandant telefonisch die Frei gabe des verhafteten Kirnbauer, da dieser sich bisher nichts zuschulden kommen habe lassen. Freilich mußte er dabei noch allerlei Schmähungen der Religion über sich ergehen lassen. „... Soll also wirklich das Evangelium des Neuheidentums kom men?" fragt er sich in diesen Tagen und unruhigen Zeiten.^ Im Herbst 1941 vermerkt Pfarrer Kirnbauer in seinen Aufzeichnungen: „Seit dem 1. August 1938 besteht im Wiener Graben in der Ortschaft Marbach ein Kon zentrationslager für 20.000 Häftlinge, Zivilgefangene aus Polen, Rußland und der Tschechoslowakei. Es wurden alle erdenklichen Anlagen geschaffen zur grausamen Vernichtung von Menschenleben, Erwachsenen und Kindern. Die Lagerführer der SS-Mannschaft waren maßlos in ihrer Mordgier, unersättliche Wüstlinge, zerfleisch ten förmlich die Kinder in ihrer Mordgier und hämmerten sie zu Tode. Die unzähli gen Bausteine zum Aufbau des Lagers mußten die Gefangenen auf 144 Stufen hinChronik der Pfarre Ried in der Riedmark. Syllabus der Reg. Lat. Chorherren des Stiftes St. Florian, Linz 1930. Mappe Kirnbauer, Stiftsarchiv St. Florian. Chronik der Pfarre Ried in der Riedmark.

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