OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 2

immer wieder bemüht, hat also ihre Wurzeln in der Gründung des Österreichischen Museums für Angewandte Kunst um die Mitte der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts und in dem Mitarbeiterteam dieses auf dem europäischen Kontinent für lange Zeit führenden einzigartigen und lebendigen „Museums". Die Pariser Weltausstellung von 1867 wurde nun für die „Sachgüter" der Volkskulturen von besonderer Bedeutung. Jacob Falke, der als Beobachter und Berichterstatter von Österreich aus dorthin entsandt wurde, berichtet," daß zu sei ner Freude bereits die ersten positiven Auswirkungen der Tätigkeit des Österreichi schen Museums für Kunst und Industrie festzustellen waren, und erwähnt dabei besonders die Textil- und Teppichkollektionen von Philipp Haas und die Glaswaren von Lobmeyer. Besonderen Eindruck machten auf ihn aber die verschiedenen, von nationalen Traditionen geprägten handwerklichen Ausstellungsstücke auf den Gebieten der Textilkunst, der Glaswaren, der Bronzen, der Holzwaren, der „Thon, Porzellan und Fayencen", des Silberschmuckes und die Auswahl von schwedischen Trachten, die auf Puppen in voller Lebensgröße dort gezeigt wurden. Gerade diese nationalen Besonderheiten, ihre ungewöhnlichen und oft auch recht primitiven Her stellungstechniken schienen manchen Krihkern zu unbedeutend, um sie einer öffentlichen Ausstellung zu würdigen, andererseits erregten sie die Aufmerksamkeit von privaten Sammlern, Kunstliebhabern und Museumsfachleuten und fanden rei ßenden Absatz. Als sich nun der österreichische Staat entschloß, aufgrund seiner damaligen wirtschaftlichen und geistigen Prosperität im Jahre 1873 in Wien selbst eine Weltaus stellung zu veranstalten, nahm sich Jacob Falke, der auf die Planung dieser Ausstel lung einen wesentlichen Einfluß hatte, gerade dieser Erzeugnisse an. Man tat sich in Paris schon schwer, einen gemeinsamen Namen für alle diese Güter zu finden und ihre inhaltlichen Grenzen abzustecken, und so behalf man sich mit der Sammelbe zeichnung „Nationale Hausindustrie". Erst später, wahrscheinlich um 1880, fand man dafür den Ausdruck „Volkskunst". Was hieher gehört und was nicht, also die Probleme der Definition und der Zuordnung, dauern noch heute, 100 Jahre später, an. Falke jedenfalls nahm in sein Programm (es war dies die Gruppe XXI) auf; 1. Poterien (Tone und Erden), 2. Gewebe und Nadelarbeiten, 3. Schmuckarbeiten in Metall, 4. Schnitzereien und verschiedene Geräthe (besonders Korb- und Stroh flechtwaren)." Er selbst schreibt darüber: „Es war das erste Mal, daß die nationale Hausindustrie als eine selbständige Gruppe, als ein gleichberechtigter Zweig menschlicher Arbeit neben den anderen auf einer Weltausstellung erscheint. Bis dahin waren wohl Gegenstände derselben auf den Ausstellungen zu sehen, aber ver einzelt, lediglich aus dem Gesichtspunkte der Gostümcuriosität, zumeist vernachläs sigt und verachtet, wenn nicht gelungene Puppen, die mit ihnen bekleidet waren, wie ' Jacob Falke, Die Kunstindustrie der Gegenwart. Studien auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1867, Leipzig 1868. ' Richter, a.a.O., S. 31.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2