OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 2

immer zusammen. Das mehrfach auftretende „Landlertakt"-Rhythmusschema tut ein übriges, daß auf die Zählzeit „drei" mehr Gewicht und damit auch eine längere Verweildauer kommt. Auf möglichst weitgehende Synchronität zwischen beiden Geigern wird großer Wert gelegt, wenn auch - durch den allgemeinen Geigerschwund - die mündliche Tradition (oder besser: die Weitergabe vom Lehrmeister zum Lehrling) in dieser speziellen Form weithin abgerissen ist. Gelobt sei die in diesem Zusammen hang vielfach herabgewürdigte Notenschrift! So haben wir wenigstens auch solche interessante blinweise auf technische Details des Landlergeigens, die sonst bereits verloren wären. Noten Und damit sind wir schon bei der vieldiskutierten Frage, ob die Musikanten ihre Notenhandschriften nur als Gedächtnisstütze für häusliches Üben - um dann auf dem Tanzboden völlig auswendig aufspielen zu können - angelegt haben, oder ob sie diese auch im Tanzsaal mithatten und daraus „lasen". Ich möchte die aus schließliche „Nur-auswendig"-These etwas relativieren. Sicher gab und gibt es Musi kanten, die durch jahrelange Praxis ein beträchtliches Repertoire wirklich auswendig „im Kasten" hatten bzw. haben. Auch steht fest, daß man beim Auswendigspielen am besten auf das Publikum eingehen kann. Wenn man aber bedenkt, daß sehr viele dieser Landlergeiger abgerüstete Militärmusiker waren - oft nach mehr als zwölf Dienstjahren! -, wo jeder Bläser auch Streicher sein mußte und ein straffer „Zwirn" herrschte, was technische Beherr schung anlangt, dann muß man ihnen wohl eine große Vertrautheit mit Noten zubil ligen, was übrigens auch in den sehr ausgereiften Notenschriften oder im beträchtli chen Schwierigkeitsgrad so manchen ffochzeitsmarsches zum Ausdruck kommt. Wenn man weiters schon einmal originale Fiandschriften in der fiand gehabt hat und sieht, wie durchgewetzte Lederrücken, mit Leinenstreifen zusammenge flickte Mappen und bis zur Unleserlichkeit von Arbeitshänden dunkelschwärzlich abgegriffene und von Bierflecken verschwommene Seiten hier doch eine deutlich andere Sprache sprechen, dann muß man wohl annehmen, daß diese Abnützung nicht im stillen Kämmerlein passiert sein kann, sondern in der vollen Praxis - eben als Gedächtnisstütze vor Ort: Da genügt dann ein kurzer Blick auf den Beginn eines Tanzes oder Teiles, und der Rest fliegt einem aus der Erinnerung zu, und man kann sich sehr wohl den Tanzenden widmen und auf sie eingehen! Und wozu wären sonst wohl die erhöhten Spielmannsbänke - mit integriertem Notenpult! - gut gewesen? Daß Oberösterreich auf dem Gebiet des Landlers eine Sonderstellung zukommt, erklärt sich aus der unleugbaren Tatsache, daß es das Ursprungs- und Kerngebiet des Landlers ist und dadurch eine überreiche Fülle von verschiedenen Landlermelodien - mancher Spielmann hatte mehrere hundert Einzelweisen - ent standen ist, die vielleicht anderswo nur von „Steirern" annähernd erreicht wird.

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