nehmen auch die durch Fahrbach in die Welt gesetzte Behauptung für bare Münze, Lanner hätte innerhalb einer Stunde ein Werk, beginnend von der Idee bis zur Erstellung des Stimmenmaterials, zustande gebracht und sogleich aufgeführt. Jeder Musikinteressierte, dem die Begriffe Komposition, Partitur (Arrangement) und Ein zelstimme plausibel sind, wird derlei Wunder in das Reich der Fabel verweisen. Von einer ähnlichen „Potenz" soll auch Vater Strauß gesegnet gewesen sein, doch dürfen wir nicht vergessen, daß biedermeierliche Reklame Übertreibungen und bisweilen sogar blühenden Unsinn an das Volk zu bringen in der Lage war. Das Verhältnis fiaslingers zu seinen „Starkomponisten" war eher durch eine Aura nüchterner Besonnenheit gekennzeichnet, wobei der finanzielle Vorteil des Verlags eindeutig im Vordergrund stand, profitierten doch die Tanz- und Volksmusi ker mehr durch ihre Auftritte als durch den Notenverkauf. Daneben verstand es der Verleger geschickt, sich der Dankbarkeit seiner Künstler zu versichern, indem er sie stets wissen ließ, wie sehr er für ihren Ruhm mitverantwortlich sei. Ganz im Zeichen dieser Geschäftspolitik steht eine von Johann Strauß (Vater) am 8. April 1836 bei nahe erzwungene Erklärung, worin dieser sämtliche Rechte aus seinem Werk an Haslinger abtritt. Als Zeuge fungierte unter anderem S. A. Steiner, der zu diesem Zeitpunkt Vorsitzender im Gremium der Wiener Kunsthändler war. Der Kontrakt wurde zur Gänze auf Seite drei der Erstausgabe der Eisenbahn-Lust-Walzer (T. H. 6965) des Betroffenen noch im selben Jahr dem Publikum kundgetan. Der Wortlaut des ersten Passus, also Strauß' Verzichtserklärung, sei im folgenden widergegeben: Unterzeichneter erkläret hiermit für sich und seine Erben, dass er seine sämmtlichen wie immer im Nahmen führenden Compositionen laut bestehenden Contractes als ein ausschliessliches rechtsmässiges Eigenthum der k. k. Hof- und privil. Kunst und Musikalienhandlung des Herrn Tobias Haslinger in Wien abgetreten und überlassen habe, und dass daher alle anderweitigen wo immer geschehenen und noch geschehen könnenden Ausgaben und Arrangierungen besagter Com positionen nur als unrechtsmässige, eigenmächtige und gesetzwidrige Nachdrücke anzusehen sind. Nicht nur mit Tanzkompositionen ersten Ranges konnte die Haslingersche Kunst- und Musikalienhandlung aufwarten; auch „Linzerische", die „Barben Tanz" des Biedermeier, waren im Verlagssortiment vertreten. Exemplarisch ist die Zusam menarbeit mit Johann Mayer, genannt Zwickerl, dem wohl populärsten Linzer Gei ger der dreißiger und vierziger Jahre; wie Haslinger war auch „Zwickerl" punkto Werbung nicht zimperlich. Anläßlich eines Auftritts im Jahre 1854 ruft sich der alternde Interpret der einstmals so berühmten Schnofler-Tanz^'^ den Wienern mit einer kuriosen Ankündigung in der Theaterzeitung ins Gedächtnis zurück: Zwickerl wird nächstens im neuen Lerchenfelde (heute Wien XVII) in einem Gasthaus garten sich mittels einer musikalisch-deklamatorischen Akademie wieder vernehmen lassen. Seine allenthalben mündlich ausgesprochene Einladung lautet ungefähr: Beehren Sie mich! - Sie werden sich gut unterhalten! Ich spiele meine „Tanz" und sie werden sich überzeugen, daß ich noch immer Schnofeln, d.h. spielen mit dem Geigenbogen unmittelbar am Steg.
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