Weitgehend, aber nicht ganz blieben die in den Gaststuben und Weinschen ken beheimateten „Harben Tanz" von der hohen Politik verschont. Eine der wenigen, allerdings sehr reizvollen Ausnahmen hat als Triomelodie des Radetzkymarsches Weltruhm erlangt. Des alten Strauß' Rückgriff auf einen Linzer Tanz"^*^ und seine martialische Umtaktierung hat laut Eduard Strauß seinen Grund darin, daß die Wie ner Freiwilligen während ihres Marsches von Wien nach Italien die Melodie gepfif fen hätten, die ihnen als damals populäres Lied der Volkssängerin Tinerl aus Ler chenfeld bekannt gewesen ist.^' Kaum bekannt ist die Existenz eines oberösterreichischen Gegenstückes zum Radetzkymarsch, welches als Zweierschützenmarsch immerhin die Stelle des ersten Tradihonsmarsches des Militärkommandos Oberösterreich einnimmt.®® „Komponist" ist Bruno Studeny, und auch er benützt für das Trio einen Linzer Tanz; doch geht die Entstehungsgeschichte seines Werkes verschlungene Pfade und endet tragisch, ganz wie die österreichisch-ungarische Monarchie selbst, im Schlachtenlärm des Ersten Weltkrieges. Noch vor der Jahrhundertwende tritt der bekannte Volksdichter und Wie ner-Lieder-Komponist Carl Lorens mit Mir san Landsleui, linzerische (weanerische) Buam an die Öffentlichkeit. Bereits Karl Magnus Klier zweifelt die Urheberschaft Lorens' an.®' Tatsächlich scheinen Weise und zumindest der Kehrreim weit verbreitet gewe sen zu sein, fiermann Derschmidt ortet den Tanz 1925 als Deutschen Umgang'° im oberösterreichischen Klaffer, einem Ort im oberen Mühlviertel nahe der tschechi schen Grenze. Der dort gesungene Text Es gibt kalte Wassert, es gibt kalte Brünn... war in Oberösterreich allgemein bekannt. Bereits um 1890 veröffentlicht der Welser Gast wirt Josef Pilstl, Inhaber des Gasthofes Zur Kaiserin Elisabeth, diese Textversion^^ innerhalb einer reichhaltigen Schlagersammlung, die gewiß als Reklame und zur Aufheiterung seiner Gäste gedacht war. In Wien brachte damals der Verlag Bosworth & Go. einen Marsch Linzerische Buam von Garl Wilhelm Drescher heraus, der als Freund von Garl Lorens gewiß mit dessen Einverständnis das Lied als Trio verwendet hat. Dreschers Marsch wirkt durch und durch wienerisch. Besonders der durch drei ausladende Fermaten verzö gerte Auftakt des Refrains charakterisiert ihn als ITeurigenkomposition. Auch Th. F. Schild, dessen wohl bekanntestes Lied D' Banda kommt auf eine Zusammenarbeit mit Carl Lorens zurückgeht, nimmt die „Linzerischen" 1898 in sein Potpourrie Stadt und Land''^ auf, wo er sie schlicht als Linzer Tanz anführt, ohne auf eine Autorenschaft Lorens' hinzuweisen. Siehe Kremser, Bd. 2, S. 218. " Egger, a.a.O., S. 20. Eugen Brixel - Gunther Martin - Gottfried Pils, Das ist Österreichs Militärmusik, Graz - Wien - Köln 1982, S. 367. Karl Magnus Klier, Linz im Liede, in: Hist. Jb. d. Stadt Linz, Linz 1954, S. 566ff. ™ Hermann Derschmidt, Tänze aus Oberösterreich, Bd. 2, Linz 1985, S. 91. „Alte und neue Bock-Lieder wie sie im Gasthofe ,zur Kaiserin Elisabeth' des Josef Pilstl in Wels gesun gen werden." Hrsg. v. Josef Pilstl, Wels um 1890. S. 20, Stadtarchiv Wels, Schuber Nr. 1227. " Th. F. Schild, Stadt und Land „Ein Potpourri", Wien 1898, PL-Nr. R. & R. 3263, S. 9.
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