OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 2

Die Brauerei als Arbeits- und Lebensraum Eine Kulturstudie aus dem Innviertel* (1) Von Claudia Peschel-Wacha In Relation zur gesamtösterreichischen Zahl an 55 Braustätten fällt auf, daß allein im Innviertel ein Sechstel, also neun, beheimatet sind, was der Größe des Innviertels in keiner Weise entspricht. Im Osterreichischen Volkskundeatlas scheint zudem die dichteste Verbrei tung des Bieres als flaustrunk im Innviertel auf.^ Es liegt wohl auf der Hand, daß sich gerade in solch einem Gebiet Arbeits- und Lebensformen im Braugewerbe erhalten haben bzw. nachweisen lassen, die als Beispiele für das ehemals zahlen mäßig überall so starke Braugewerbe der Monarchie bzw. Österreichs im 20. Jahr hundert volkskundliche Beachtung verdienen. Aus dem Mühlviertel liegen bereits einige Untersuchungen über Brauereien vor. Aus diesen lassen sich betreffend die Besitzstruktur von oberösterreichischen Brauereien Vergleiche zwischen den Landesvierteln anstellen. Waren im Mühlviertel viele Brauereien im Besitz von Marktkommunen, so war diese Besitzstruktur im Innviertel nicht verbreitet.^ Dort gab es ausschließlich freieigentümliche oder solche, die im Besitz von Stiften waren. Im untersuchten Gebiet liegen heute bis auf zwei Großbrauereien in Schär ding nur mittelgroße Brauereien. In der Vergangenheit waren es jedoch ausschließ lich Kleinbrauereien, die nicht mehr überlebensfähig waren. Die offizielle Unter scheidungsmöglichkeit liegt in der Menge der Umsätze. Eine Kleinbrauerei hat bis 10.000 Hektoliter Jahresausstoß, eine Mittelbraue rei zwischen 10.000 und 60.000 Hektoliter, als Großbrauerei bezeichnet man jedes Unternehmen, dessen Ausstoß darüber liegt. Dazu muß noch die innerbetriebliche Struktur berücksichtigt werden. Bei einer Kleinbrauerei legt(e) der Brauherr selbst Hand an, bei einem Mittelbetrieb beschäftigt(e) er einen Braumeister und kümmert(e) sich um den kaufmännischen Ablauf. In einer Großbrauerei werden sowohl kaufmännische als auch technische Anliegen angestellten Kräften überlassen. Umgearbeitete und stark gekürzte Wiedergabe der Dissertation: Claudia Peschel-Wacha, Die Braue rei als Arbeits- und Lebensraum. Eine Kulturstudie aus dem oberösterreichischen Raum, Schwer punkt Innviertel, phil. Diss., Wien 1985. Vgl. dazu auch Claudia Peschel-Wacha, Von der Arbeit und dem Leben in einem Brauhaus. In: Bierwelt. Ausstellungskatalog, Stadtmuseum Nordico, Linz 1992, S. 217-233. Ingrid Kretschmer, Haustrunk - Most, Bier, Wein im bäuerlichen Haushalt. In: Österreichischer Atlas für Volkskunde (ÖAV), 3. Lieferung mit Kommentar, Blatt 44, Wien 1968. Hans Sperl, Materialien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mühlviertels. Ehemalige Braue reien im Bezirk Urfahr-Umgebung. In: OÖ. Hbl., 41. Jg., Heft 4, Linz 1987, S. 318-329. Robert Steinin ger, Die Bierbrauerei in Neumarkt im Mühlkreis. In: OÖ. Hbl., 31. Jg., Heft 3/4, Linz 1977, S. 199-201.

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