OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 2

effektvollen Schluß wird nicht verzichtet, und amüsant liest sich des Meisters Hin weis: Das [sie!] Coda wird sogleich nach dem Stern (*) angeschlossen.*^ Daß die Melodik stark von der Volksmusik des Traunviertels beeinflußt ist, wird niemanden überra schen, der weiß, daß er mit einem erstaunlichen Einfühlungsvermögen für die bodenständigen Weisen seiner Umgebung ausgestattet war, die es ihm sogar ermög lichten, zahlreiche Mundarttexte des Kremsmünsterer Konventualen P. Leopold Koplhuber auf „landlerisch" zu vertonend^ Auch in den Deutschen kommt der Landler zu seinem Recht, und er läßt ihn im Wechsel mit volksliedhaften Partien bevorzugt auf gut böhmische Art erklingen mittels Soloklarinette samt Nachschlag begleitung. Bemerkenswert ist auch die Verwendung des Volksliedes „Mäus' und Grill'n", welches bereits Eudard Kremser als sehr alt*^ einstuft, als Triomelodie.^^ Nahezu prophetisch mutet die Behandlung der Blechbläser an, wenn wir Wawras Instrumentation der Partitur des Kettenbrücke-Walzers, op. 4,"^ von Johann Strauß (Vater) gegenüberstellen. In beiden Werken ertönen Hörner und Trompeten niemals gemeinsam. Das heißt, jeder neue Tanz oder Walzer erzwingt eine Änderung der Klangfarbe. Der alte Strauß geht sogar so weit, seine Hornisten blitzartig zur Trom pete greifen zu lassen."'' Diese und ähnliche Praktiken verfolgen sicherlich den Zweck, die frühen Kleinstbesetzungen klanglich aufzuwerten. Hector Berlioz war von derlei Notlösungen geradezu angetan und schreibt 1837 im Pariser Journal des Dehats begeistert: Es sind sechsundzwanzig Künstler, die Strauß von Wien nach Paris mitgebracht hat. [...] - Da aber die meisten dieser Künstler mehrere Instrumente besitzen und sie mit größter Schnellig keit wechseln, so ergibt sich aus der raschen Folge, mit welcher Strauß Licht und Schatten aus tauscht, daß sein kleines Orchester oft doppelt erscheint.*'^ Nunmehr seien einige Gedanken über den sogenannten „Deutschen Tanz", der übrigens in manchen Fachenzyklopädien als Gattungsbegriff gar nicht auf scheint, und seine Bedeutung in der österreichischen Tanzmusik an der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert gestattet. Wie wir wissen, war ihm nur eine relativ kurze Lebensspanne beschieden, und so fiel er auch bald dem „Walzer-Enthusias mus" zum Opfer. Daß er der direkte Vorgänger des Walzers sei, wird sogar noch Wawra, a.a.O., H. 135/4, Tanz XXI, fol. 12'. '■ Kellner, a. a. O., S. 626. ' Kremser, Wiener Lieder und Tänze, Bd. 2, Wien 1913, S. 4. ' Wawra, a. a. O., H. 135/4, Tanz XI, fol. 12". ' Johann Strauß (Vater), „Kettenbrücke-Walzer", op. 4, eigenhändige Partitur, Wiener Stadt- u. Landes bibliothek, MH 12.240/c. ' Die Aufführungspraxis geht aus dem hs. Stimmenmaterial der „Kettenbrücke-Walzer" hervor. Auch in Frühwerken Johann Strauß' (Sohn) ist diese Gepflogenheit noch ersichtlich, so in op. 1, „Sinnge dichte": „Zwei der vier Trompeten kommen nur bei gleichzeitigem Pausieren der Hörner zum Einsatz, Diese Trompeten werden dann - der Stimmenerstausgabe folgend - von den beiden Hornisten ge spielt." In: Strauß-Elementar-Verzeichnis, hrsg. v. Wiener Institut für Strauß-Forschung, Tutzing 1990, S, 1. ' Siehe Heinrich Eduard Jacob, Johann Strauß Vater und Sohn, Die Geschichte einer musikalischen Weltherrschaft (1819-1917), Hamburg, 1953, S. 75.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2