OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 2

gerührt und wohl auch etwas geprägt, so daß, als bereits vor der Wende zum 20. Jahrhundert das Publikumsinteresse deutlich zu wünschen übrig läßt, 1891 der Redakteur und Freund der Brüder Schramme!, Julius Löwy, im „Exirahlatt" besorgt räsoniert: Nur eine ganz kleine Gemeinde pflegt noch die Liehe zu „die alten Tanz", die wir von den berühmten oherösterreichischen „Ländlergeigern" übernommen haben [.. Unter den Wiener Tänzeschreibern der Kongreßzeit tat sich vor allem Michael Pamer, Prinzipal der bekanntesten Tanzkapelle jener Tage, durch Produkti vität, Einfallsreichtum und Sachkenntnis hervor. Die jugendlichen Geiger Joseph Lanner und Johann Strauß (Vater) waren Mitglieder seines Ensembles, und es wurde beiden der ansonsten labile und trunksüchtige Vorgesetzte zu einem musikalischen Vorbild. Pamers 1821 bei Cappi und Diabelli erschienenen Neuesten Linzer Tänze^'^ spiegeln exakt das Schema einer zwölfteiligen Folge oberösterreichischer Landler wider mit Eingang oder sogenanntem TuscN^, Zwischenspielen und Großem Ausgang. Der Komponist erweitert die Form insofern, als er den „Eingang" als beinahe feierliche Andante-Introduktion im Ausmaß von 22 (!) Takten vollführt, wobei er die Melodie des ersten Tanzes diminuiert zu Gehör bringt. Anhand dieser Vorgangs weise scheinen ernsthafte Zweifel angebracht, ob denn überhaupt Garl Maria von Weber mit seiner „Aufforderung zum Tanz" impulsgebend für die Entwicklung der Vorstadttänze zum klassischen Wiener Walzer gewesen ist. Immerhin tritt bereits Strauß (Vater) 1818 als Vierzehnjähriger - ebenfalls bei Cappi und Diabelli - mit Walzer mit Coda in an die Öffentlichkeit, wie übrigens die Koda als Anhängsel damals auch von anderen Tanzkomponisten verwendet worden ist. Meiner Mei nung nach geht sie auf den großen Ausgang des Landlers zurück, als dessen kunst volle Erweiterung sie zweifellos anzusehen ist. Und was die Introduktion betrifft, so ist auch diese mit Sicherheit kein Weberscher Geniestreich, was durch einen kleinen Ausflug in die Musikgeschichte des oberösterreichischen Stiftes Kremsmünster zu beweisen versucht wird: Im Herbst des Jahres 1791 tritt der im böhmischen Radowitz geborene Wen zel Wawra im Alter von 26 Jahren als Zweiter Organist und Kanzleischreiber in die Dienste des Klosters an der Krems.^' Endlich, nach einem wechselvollen Wanderle ben von Dienstort zu Dienstort, findet der ehemalige Schulgehilfe eine ihm ange messene fixe Anstellung. Bereits 1797 steigt er zum Ersten Organisten auf, und ab 1803 bis zu seiner 1843 erfolgten Versetzung in den Ruhestand war er Musikmeister im " Zitiert durch Margarethe Egger, in: Die Schrammein in ihrer Zeit, Wien 1989, S. 247f. Siehe auch bei Klier, a, a. O., S, 5 f. Michael Pamer, „Neueste Linzer Tänze für das Fiano-Forte", Wien 1821, S. 2. Vgl. Alexander Weinmann, Verzeichnis sämtlicher Werke von lohann Strauß Vater und Sohn, Wien, ohne Jahreszahl, S. 49. " Ausführlich über Wenzel Wawra (1765-1844) berichtet Altmann Kellner in seiner „Musikgeschichte des Stiftes Kremsmünster", Kassel - Basel 1956, S. 621 ff.

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