Mitteilungen des Oberösterreichischen Landes archivs. Band 16, Linz 1990, 420 Seiten, S 450,-. ISBN 3-900-31350-4. Wie zu erwarten, bieten die Mitteilungen des Oö. Landesarchivs für 1990 einen bunten Inhalt unter dem Aspekt der Pflege des gesamten Gebie tes der oberösterreichischen Landesgeschichte einschließlich der historischen Hilfswissenschaf ten und der Archivkunde. Peter G. Mayr erinnert, daß man sich schon um die Mitte des vergange nen Jahrhunderts in Oberösterreich über eine kommunale volksnahe Schlichtungsstelle für Rechtsstreitigkeiten von geringem Belange Ge danken machte und verfolgt die Weiterentwick lung, vor allem im Rahmen des oberösterreichi schen Gemeindevermittlungsgesetzes von 1889. Man erhält dabei Einblick in den unkomplizierten Gesetzentstehungs-Mechanismus jener Zeit. Mi chael John nimmt sich das beginnende Zeitalter der Industrialisierung vor, indem er mit statisti schen Methoden zu erfassen sucht, wie die Leute von damals mit einem Wohnortwechsel und mit den neuen Arbeitsbedingungen zurechtkamen. Wirtschaftsentwicklung, Migration und Urbani sierung sind dafür die modernen Schlagwörter. Mit Lächeln quittiert man den eingefügten Exkurs über die einstige Polizeivorschrift, die zu dem Menschenkreis, der unter Aufsicht gestellt gehört, zählt: „müssige Kinder und Knaben, Studenten, Handwerksgesellen, Bräuknechte, dienstloses Ge sinde, Hausierer, Strazzensammler, herumzie hende Musikanten, im Land herumziehende Israeliten, Bärenführer, vacirende Comödianten, Tabakschwärzer, Zigeuner, Raubgesindel" u. dgl. Erich und Friederike Hillbrand greifen auf den Problemkreis Linzer Maximilianstürme zurück und decken eine entsprechende Modulation für Piacenza auf. Werner Wilhelm Schnabel kümmert sich um die oberösterreichischen Protestanten in Regensburg zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Hu bert Schopf bietet in Auszügen aus seiner Disser tation Einsichten in die innere Struktur des Augu stiner-Chorherrenstiftes Ranshofen im Mittelalter, etwa Tagesablauf bei den Chorherren, Propstwahl usw. Man kann noch ein anderes Einteilungs schema für diesen 420 Seiten starken Band auf stellen; entweder wird ein archiviertes Schrift stück im Wortlaut wiedergegeben oder es wird als Dokument ausgewertet, das heißt in Bezug zu an derem gebracht, kurz: dessen Bedeutung und Ent stehung erfaßt. Letzte erwähnte Methode bedient sich Rudolf .W Schmidt bei der schwierigen Frage nach Entstehung und Weiterentwicklung des Tra ditionskodex des Augustiner-Chorherrenstiftes Ranshofen. Um bei diesem diffizilen Aufsatz mit denken zu können, muß man weitgehend ein schlägige Vorkenntnisse besitzen. Wesentlich an ders ist es bei der Hauptarbeit dieses 16. Landesarchiv-Mitteilungsbandes, in welchem weitge hend die Ceremonial-Protokolle über jene Erbhul digungen der oberösterreichischen Stände wört lich angeführt werden, die ein entscheidendes Licht auf die österreichischen Verhältnisse zur Zeit des Regierungsanstrittes der Kaiserin Maria Theresia werfen. Aus ihnen ergibt sich eine Studie über das Treueverhältnis von Klerus, Adel und Bürgertum aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhun derts, die deswegen aufschlußreich in ihren weit läufigen Einzelheiten ist, weil Parallelen zu 1918 und 1938 gezogen werden können. Der Autor Gu stav Otruba aus Wien bringt die uns heute fremde Mentalität des barocken Menschen ins Spiel, die Aug- und Sinnenfreude der damaligen Leute, ihre Schaulust als Ausgleich für Pest und Krieg. Auf alle Fälle liest sich dieses mehr als 150 Seiten starke Elaborat wie eine minutiöse Zeitungsbe richterstattung aus den Jahren 1732-1743, als wie der einmal Habsburgs Macht auf des Messers Schneide stand. Dem Leser von heute enthüllen sich wie in einem Film farbenbunte Geschehnisse, die dazumal nur einem kleinen Kreis von hochge stellten Personen einsichtig waren; wobei fest steht, daß diese Würdenträger bestimmt nicht alle Zusammenhänge so klar überblickten, wie sie uns aus dieser umfassenden archivalischen Arbeit ent gegenleuchten. Österreichs älteste Dorfchronik, die sogenannte Chronik von Goisern (Friederike Grill-Hillbrand), würde man gern in dieser Textierung lesen, doch es wird nur ein Beitrag zu ihrer Entwicklungsgeschichte geliefert. Fritz Berger Baiern, Ungarn und Slawen im Donauraum. For schungen zur Geschichte der Städte und Märkte Österreichs, Band 4. Herausgegeben vom Osterreichischen Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung und dem Ludwig-BoltzmannInstitut. Linz 1991, 246 Seiten, 5 380,- Der 1991 erschienene 4. Band der Forschun gen zur Geschichte der Städte und Märkte Öster reichs geht zwar auf Tagungen im Jahre 1979 und 1983 zurück, ist aber nach langjähriger Reifung zu einem fundierten Werk über die Verhältnisse im mittleren Donauraum um die erste Jahrtausend-
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