OBEROSTERREICHISCHE
OBEROSTERREICHISCHE 46. Jahrgang Heft 2 Herausgegeben vom Institut für Volkskultur Claudia Peschel-Wacha Die Brauerei als Arbeits- und Lebensraum Eine Kulfurstudie aus dem Innviertel (I) 179 Wolfram Tuschner Von den Linzer Tänzen zum Wiener Walzer Landler - Deutsche - Harbe Tanz 209 Volker Derschmidt Der Landler 240 Helmuth Huemer Anmerkungen zur Entstehung der Heimatwerke in Osterreich 253 Ernst Gusenbauer „Was man erwischt, wird kalt erschossen" Ried in der Riedmark und die „Mühlviertler Hasenjagd" am 2. Februar 1945 263 Romanische Grabplatte von Pergkirchen - Hansgeorg Löw-Baselli Die singenden Pilotenschläger sind ausgestorben - Karl Pilz Wohl dem, der eine Heimat hat... - Thomas Pitters Buchbesprechungen
Medieninhaber; Land Oberösterreich Herausgeber; Institut für Volkskultur Leiter; .W Hofrat Dr. Dietmar Assmann Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexem plare) und Bestellungen sind zu richten an den Schriftleiter der OÖ. Heimatblätter; Dr. Alexander Jalkotzy, Institut für Volkskultur, 4020 Linz, Spittelwiese 4, Tel. 0 73 2127 20-56 43 Jahresabonnement (4 Hefte) S 190,- (inkl. 10 °/o MwSt.) Hersteller; Druckerei Rudolf Trauner Ges.m.b.H., 4020 Linz, Köglstraße 14 Grafische Gestaltung: Mag. art. Herwig Berger, Rosenstraße 14, 4040 Linz Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich Alle Rechte vorbehalten Für unverlangt eingesandte Manuskripte über nimmt die Schriftleitung keine Haftung ISBN 3-85393-060-3 Mitarbeiter; Kons. Volker Derschmidt, Fallsbach 6, 4623 Gunskirchen Ernst Gusenbauer, Riedmark 19, 4312 Ried i. d. R. Dr. Helmuth Huemer, OÖ. Heimatwerk, Landstraße 31, 4020 Linz Dipl.-Ing. Hansgeorg Löw-Baselli, Schloß Auhof, 4320 Perg Dr. Claudia Peschel-Wacha, Kanalstraße 6/Haus 5, 1220 Wien Karl Pilz, 4822 Bad Goisern 24 Pfarrer Thomas Pitters, Evang. Pfarrgemeinde A. B. Linz-Innere Stadt, Konrad-Vogel-Straße 2a, 4020 Linz Wolfram Tuschner, Hinterschweigerstraße 19, 4600 Wels 00 KULTUR UNDESKUnURREFTflAT Titelblatt; Zunftzeichen der Ennser Lade des Brauerhand werks. Original im Museum Lauriacum Enns. Foto; Michalek, Stadtmuseum Linz-Nordico
Die Brauerei als Arbeits- und Lebensraum Eine Kulturstudie aus dem Innviertel* (1) Von Claudia Peschel-Wacha In Relation zur gesamtösterreichischen Zahl an 55 Braustätten fällt auf, daß allein im Innviertel ein Sechstel, also neun, beheimatet sind, was der Größe des Innviertels in keiner Weise entspricht. Im Osterreichischen Volkskundeatlas scheint zudem die dichteste Verbrei tung des Bieres als flaustrunk im Innviertel auf.^ Es liegt wohl auf der Hand, daß sich gerade in solch einem Gebiet Arbeits- und Lebensformen im Braugewerbe erhalten haben bzw. nachweisen lassen, die als Beispiele für das ehemals zahlen mäßig überall so starke Braugewerbe der Monarchie bzw. Österreichs im 20. Jahr hundert volkskundliche Beachtung verdienen. Aus dem Mühlviertel liegen bereits einige Untersuchungen über Brauereien vor. Aus diesen lassen sich betreffend die Besitzstruktur von oberösterreichischen Brauereien Vergleiche zwischen den Landesvierteln anstellen. Waren im Mühlviertel viele Brauereien im Besitz von Marktkommunen, so war diese Besitzstruktur im Innviertel nicht verbreitet.^ Dort gab es ausschließlich freieigentümliche oder solche, die im Besitz von Stiften waren. Im untersuchten Gebiet liegen heute bis auf zwei Großbrauereien in Schär ding nur mittelgroße Brauereien. In der Vergangenheit waren es jedoch ausschließ lich Kleinbrauereien, die nicht mehr überlebensfähig waren. Die offizielle Unter scheidungsmöglichkeit liegt in der Menge der Umsätze. Eine Kleinbrauerei hat bis 10.000 Hektoliter Jahresausstoß, eine Mittelbraue rei zwischen 10.000 und 60.000 Hektoliter, als Großbrauerei bezeichnet man jedes Unternehmen, dessen Ausstoß darüber liegt. Dazu muß noch die innerbetriebliche Struktur berücksichtigt werden. Bei einer Kleinbrauerei legt(e) der Brauherr selbst Hand an, bei einem Mittelbetrieb beschäftigt(e) er einen Braumeister und kümmert(e) sich um den kaufmännischen Ablauf. In einer Großbrauerei werden sowohl kaufmännische als auch technische Anliegen angestellten Kräften überlassen. Umgearbeitete und stark gekürzte Wiedergabe der Dissertation: Claudia Peschel-Wacha, Die Braue rei als Arbeits- und Lebensraum. Eine Kulturstudie aus dem oberösterreichischen Raum, Schwer punkt Innviertel, phil. Diss., Wien 1985. Vgl. dazu auch Claudia Peschel-Wacha, Von der Arbeit und dem Leben in einem Brauhaus. In: Bierwelt. Ausstellungskatalog, Stadtmuseum Nordico, Linz 1992, S. 217-233. Ingrid Kretschmer, Haustrunk - Most, Bier, Wein im bäuerlichen Haushalt. In: Österreichischer Atlas für Volkskunde (ÖAV), 3. Lieferung mit Kommentar, Blatt 44, Wien 1968. Hans Sperl, Materialien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mühlviertels. Ehemalige Braue reien im Bezirk Urfahr-Umgebung. In: OÖ. Hbl., 41. Jg., Heft 4, Linz 1987, S. 318-329. Robert Steinin ger, Die Bierbrauerei in Neumarkt im Mühlkreis. In: OÖ. Hbl., 31. Jg., Heft 3/4, Linz 1977, S. 199-201.
Eine weitere Charakteristik einer Kleinbrauerei ist, daß jeder Arbeiter alle in der Brauerei vorkommenden Arbeiten durchführen kann, was mir in Gesprächen auch immer wieder bestätigt wurde. Obwohl die handwerklichen Produktions methoden im Innviertel bis vor kurzem noch überwogen und jetzt erst im Zuge einer späten Industrialisierungswelle abgelöst wurden, sind die Brauereien in der oberösterreichischen Handelskammer seit dem neuen Handelskammergesetz 1946 unter dem Sektor der Nahrungs- und Genußmittelindustrie erfaßt. Noch immer wird in dieser Sparte ein Rohstoff bis zum Endprodukt verar beitet, und der Arbeiter ist dabei in den gesamten Produktionsablauf integriert. Noch wird in einigen Betrieben vorwiegend nach Bedarf produziert, Montag und Dienstag das Bier gesotten, dann gekühlt, dann eingelagert... Doch ist nicht mehr überall der handwerkliche Produktionsablauf zu verfol gen. Die Schlagworte der Industrialisierung sind auch für Innviertier Brauereien maßgebend geworden, chemische und technische Braumethoden werden von ComBlick in das Brauereimuseum in Linz, das in Kelkrräumlichkeiten der Brau-AG untergebracht war: in der Mitte Maischhottich, Maischscheit und Grander, rechts hinten eine einfache Putzmaschine und im Vorder grund Geräte zur Flaschenbiererzeugung.
putern gesteuert, und mittels moderner Konservierungsmethoden ist aus dem schnell verderblichen Getränk ein über den auftragsmäßigen Bedarf hinaus pro blemlos haltbares Industrieprodukt geworden. Historische Einführung Zum Getränkewesen der Neuzeit Die Klöster wurden seit dem Mittelalter zu Zentren in der Kunst des Bier brauens. In dem in karolingische Zeit zurückgehenden Klosterplan von St. Gallen in der Schweiz sind bereits drei Braustätten eingezeichnet. Auch mußten die um ein Kloster liegenden Bauernhöfe Bierdienst leisten. Im oberösterreichischen Gebiet stammen die „ältesten Nachrichten über einen bäuerli chen Bierdienst aus den Jahren 1120-1140 aus den Kreisen Ried und Schärding an das Idochstift Passau, aus 1158/98 aus Auerbach im oberen Innviertel an das Kloster isf Blick in das Brauereimuseum Linz: rechts Flaschenwaschbottich, daneben Flaschenfüller, an dem drei Fla schen gleichzeitig abgefüllt werden konnten. In der Mitte Objekte aus der Binderei.
Mondsee, aus den Jahren 1220-1240 aus dem Kreise Braunau an das herzogliche Amt Burghausen am Inn; er zeigt in diesem Viertel eine ganz ähnliche Entwicklung wie in den übrigen Teilen des ehemaligen Landes Oberösterreich. Eine bestimmte Zeitangabe, wann dieser Bierdienst an geistliche und weltliche Herrschaften in Geld abgelöst wurde, läßt sich aus den derzeit zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht herauslesen (Urbare). Wahrscheinlich ging auch hier um 1300-1350 das Recht des Bierbrauens bei den Bauern ausschließlich in die Hände der Bürger in den Städten und Märkten und auf die Herrschaften über."^ Zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert, in der Hochphase der Weinkultur in Bayern, hielten die Klöster an der Braukultur fest. Im Stift Reichersberg ist z.B. seit dem 13. Jahrhundert eine Brauerei belegt, die (mit Pausen?) bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts geführt und aus welcher dem einzelnen Chorherrn Bier in überrei chem Maß beigestellt wurde. Auch in den Aufschreibungen des Klosters Krems münster über die Verpflegung des Gesindes wird niemals Obstmost, das gemeine Alltagsgetränk, sondern immer Bier oder Wein genannt." Ab der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts nimmt das Braugewerbe im bayri schen Innviertel wieder zu. Der saure Wein, neben Met der größte Konkurrent des Bieres, wurde fast zur Gänze in Form von Gewürzwein getrunken. Im oberen Innviertel erinnern noch Orts- und Personennamen an den früheren Weinbau. Im Jahre 1437 vernichteten anhaltende Fröste die Weinstöcke, sodaß Wein eingeführt werden mußte, was aber teuer kam, so daß durch diesen Mangel die Anzahl der Bierbrauereien stieg. Auch im nichtbayrischen Österreich dachte man mit Hilfe eines Verbotes gegen die Biereinfuhr aus Böhmen im Jahre 1454 den Wein konsum zu schützen. Die starke Vermehrung der eigenen Brauhäuser gestaltete sich zu einem Problem.' Um die Wende zum 17. Jahrhundert wird die Bierbrauerei immer bedeuten der, aber nicht aus primärer Ursache, weil das Bier beliebter geworden oder die Ren tabilität einer Brauerei gestiegen ist. Der niederösterreichische Weinbau hatte seine Hauptabsatzgebiete Oberösterreich und Bayern durch eine ungünstig gestaltete Steuerpolitik der Habsburger nach dem Westen hin verloren. Die Weinausfuhr aus Ungarn war seit dem Mittelalter immer wieder verboten worden, und im Jahre 1590 wurde auch noch eine Weinausfuhrsperre aus Niederösterreich in die Oberländer eingeführt. Zudem erhöhte Bayern den von alters her zu Schärding eingehobenen Weinaufschlag, und der zweite Hauptgrund für einen Aufschwung im Brauwesen im folgenden 17. Jahrhundert waren die Zerstörungen bayrischer Weinbaugebiete im ^ Heinrich Ludwig Werneck, Brauwesen und Hopfenbau in Oberösterreich von 1110 bis 1930. Berlin 1939/40, S. 123. '' Rudolf Schwarzelmüller, Vorchdorf. Ein Heimatbuch. Vorchdorf 1959, S. 313. ' Alfred Hoffmann, Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich, Bd. 1, Linz 1952, S. 529.
Dreißigjährigen Krieg. Interessant ist der heute noch anhand der Daten von Braue reigründungen ersichtliche Aufschwung: Die ehemals neun Betriebe Schärdings rei chen z.B. alle ins frühe 17. Jahrhundert zurück, als der Zuzug in die Stadt ebenfalls bemerkenswert intensiv war.'' Biersteuer - Bierpreis Der Wein hat sich bis ins 19. Jahrhundert in Oberösterreich nicht zuletzt des halb zu einem Oberschichtgetränk entwickelt, da die Preisentwicklung beim Bier sich günstiger gestaltete. Anlaß dafür bot die merkantilistische Bestimmung Kaiser Josephs 11., welche im Jahre 1788, also neun Jahre nach der Angliederung des Innviertels an Österreich, das Meilen- und Zwangrecht um die Brauhäuser aufhob und damit die Errichtung neuer Produktionsstätten ohne räumliche Beschränkun gen erleichterte.^ Einen kurzen Rückschlag in der Entwicklung einer freien MarktBrauherr und Brauereiarbeiter in einem oherösterreichischen Brauhaus der zwanziger Jahre. " Heinrich Ferihumer, Die Brauereien Schärdings. In: Festschrift zum 25jährigen Bestand des Bundes gymnasiums Schärding. Ried 1970, S. 36-72. ' Elisabeth Hirsch, Das Kommunbraurecht Oberösterreichs - historische, rechtliche und wirtschaftli che Aspekte unter besonderer Berücksichtigung der Braukommune Freistadt. Diss., Wien 1978, S. 27.
Wirtschaft brachte die neue Tranksteuer mit sich. Insbesondere die Brauherren der Grenzstädte Braunau und Schärding klagten, daß zum Abtrennen eines wichtigen Absatzgebietes durch die neue Grenze jetzt zudem noch eine neue Steuer hinzukam. Die Härte der neuen Steuer zu mildern half die nächste Aufhebung eines zünftischen Zwanges 1799, die der Märzlose. Jene im März gezogenen Lose regelten das märktische und städtische Reihebrauen zwischen Georgi und Michaeli. Zum Beispiel durfte in Ried jedes Zunftmitglied für zwei Wochen mit dem Bierzeiger angeben, wo das kurzfristig gebraute Getränk auszuschenken war. Aus jenen Bier zeigern, meist Buschen, haben sich die kunstvoll gefertigten schmiedeeisernen Brau gasthausschilder entwickelt. Im 19. Jahrhundert trug zur starken Verbreitung des Bieres weiters der tech nische Fortschritt im Braubetrieb wesentlich bei, während gleichzeitig der Weinbau durch Rebenkrankheiten und Schädlinge überall litt. Der Weinpreis stieg interessan terweise von 1800 bis 1914 auf das Dreifache, der Bierpreis auf das Doppelte. Bier verteuerungen hatten auch im Innviertel, wo man doch auf das noch günstigere bäu erliche Hausgetränk Most ausweichen konnte, Unruhen und Krawalle zur Folge.® Etwa zur selben Zeit, nämlich 1872, berichtet das Rieder Wochenblatt von Erbitterung und Unruhe unter den Arbeitern nach einer Bierpreiserhöhung. Das Braugewerbe war steuerlich gesehen für die Obrigkeit ein einträgliches Gewerbe. Zur Begleichung von Schulden, z.B. des Marktes Altheim nach 1714 und nach 1801, wurde zum Bierpfennig gegriffen.' Der Bierpfennig von jedem ausge schenkten Hektoliter existiert seit 1688 und wurde im 19. Jahrhundert in eine Bier kommunalsteuer, abzuführen an die Gemeindekassa, umgewandelt. Der Bieraufschlag wurde bis ins 18. Jahrhundert nach dem „Eimer" gemes sen, einer Maßeinheit, welche 1871 ebenso wie das Maß „Seitl" abgeschafft wurde zugunsten der Bezeichnung Liter und Hektoliter. Später erfolgte die Umänderung der Berechnung des Bieraufschlages nach Süden, 1743 wurde z.B. für Ried der Sud Bier mit zwölf Gulden besteuert.^® Die Kontrolle erfolgte durch eine eigene Person, den „Finanzer". Er war eine produkti onsfremde Amtsperson, die den Sudvorgang abwechselnd in der einen bzw. in einer anderen Brauerei des Bezirkes überwachte. Das war insofern noch möglich, da bis zum Ende dieser Besteuerungsmethode in den Innviertier Klein- und Mittelbraue reien nur bei Tag und an ein bis drei Tagen der Woche je nach Bedarf und nicht wie ® Helmut Konrad, Das Entstehen der Arbeiterklasse in Oberösterreich. Wien 1981, S. 110 ff. ' Lothar Bodingbauer und Ingeborg Staufer, Altheim - Ein Heimatbuch der Marktgemeinde. Ried 1975, S. 16 f., 36. " Franz Berger, Von dem Bräugewerbe in Ried. In: Ried im Innkreis (I. Teil der Geschichte des Marktes und der Stadt Ried). Ried 1955, S. 470.
heute durchgehend gebraut wurde. Der „Finanzer" kontrollierte, indem er das zum Brauen „nothwendige Heizthürl... mittelst Verschlußblättchen und Wachssigel" amtlich verschloß, wie aus Aurolzmünster aus dem Jahre 1884 bekannt ist, und zu jedem Sud wieder öffnete. Architektur des Brauhauses Die Bedeutung der Innviertier Brauereien ist in vieler Hinsicht belegt. Hei matdichter wie Franz Stelzhamer und Hans Schatzdorfer wählen den Braugasthof bzw. das Bier zu lokalen Geselligkeitssymbolen. Auf den 20- und 50-Heller-Notgeldscheinen der Gemeinde Neukirchen an der Vöckla prangt 1920 das Bild der Brauerei Zipf als Wahrzeichen für Wertbestand und Sicherheit. Wie sehr auch eine Kleinbrauerei im Ortsbewußtsein verankert ist, beweist ein Schultest im Innviertel. Beim Entwurf eines Gemeindewappens für Höhnhart lieferten die meisten Kinder Zeichnungen mit Brauereiemblemen." Die äußerliche Erscheinung eines Brauhauskomplexes war auch eine sehr stattlich herrschaftliche. Die Braugasthöfe, gleichzeitig Wohnstätten der Brauherren, sind mit hohen Dächern versehen, zumeist mit ihrem abgewalmten Giebel zur Straße gestellt, mittels Lukarnen in ihrer Mehrgeschossigkeit betont. So stellen sich heute noch die Bürgerhäuser, in deren Hinterhaus die Brauerei untergebracht war und ist, z. B. Neumarkt i. H., Altheim, Uttendof, Braunau, Stiftsbraugasthof Lam bach und Aschach," dem Betrachter dar. Das ländliche Pendant zum märktisch-städtischen Hinterhaus ist der „Brau stadl". Zumeist im frühen 19. Jahrhundert errichtet, sind nur noch wenige Beispiele dieser herrschaftlichen Brauhausform bekannt: in Munderfing, Braunau und Höhn hart, wo nach einem Brand das Brauhaus und der gegenüberliegende Braugasthof 1802 wiederaufgebaut worden waren. Mälzerei und Brauerei sind in einem Gebäude untergebracht, getrennt durch einen von der Einfahrt weg durch das Haus führen den überwölbten Gang. Alle notwendigen Räumlichkeiten sind unter einem Dach vereint. Der Braustadl ist zweigeschossig, steht giebelseitig zur Straße bzw. zum Braugasthof gewandt, birgt unter seinem langgezogenen Krüppelwalmdach meh rere Dachböden, in Höhnhart z. B. drei. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhun derts tauchen auch im Innviertel Zeugnisse einer Industriearchitektur auf. Die Brauerei Mattighofen, um 1890 errichtet, machte den Anfang. Hohe, lichte und geräumigere Säle erwähnt der Gewerbeinspektor unter den nennenswerten Ände rungen in der hygienischen Beschaffenheit eines Braubetriebes. Das Höhenstreben Oberösterreichische Nachrichten. Serie: Heimat, deine Biere vom 17. September 1979. Franz Hiermann, Das alte Brauhaus zu Aschach, In: Heimatland. Jg. 12, Februar 1935, S. 24-27.
der Brauarchitektur kennzeichnet die Räumlichkeiten der bereits abgerissenen Mattighofner Brauerei, der äußere Eindruck wird verstärkt durch dekorativ unverputzt gelassene Ziegelstreifen. Das neue Sudhaus der Brauerei Kapsreiter in Schärding aus den Jahren 1922/23 ist ein hoher Bau mit hohen Fenstern, und derselben Charak teristik folgt das Sudhaus der Brauerei Neumarkt i. Im Brauhaus Zipf und der Rieder Genossenschaftsbrauerei finden wir einige der Stilmerkmale einer Fabriksar chitektur, die ganz deutlich im 1937 umgebauten Sudhaus der Linzer PoschacherBrauerei zum Ausdruck kommen. Diejenigen Brauereien, die sich bis nach dem Zweiten Weltkrieg halten konnten, machten erst dann wieder einen bedeutenden Modernisierungssprung mit. Es wird eine Flaschenhalle, oft wie ein Fremdkörper am historischen Brauhaus klebend, angebaut, die mittels Glasscheiben dem Betrachter die Einsicht ermöglicht. Das aufgerissene verflieste Sudhaus der stillgelegten Brauerei Mattighofen, die 1984 abgerissen wurde. Sie galt als Beispiel für eine moderne Fahriksarchitektur des späten 19, Jahrhunderts. Die Jalousien zeigen die er höhte Lage des Kühlschiffes. " Vgl Brauhäuser in Niederösterreich, z.B. das 1894 in Piesting erbaute Sudhaus, auch das Wiener Brauhaus in Rannersdorf, vgl Manfred Wehdorn und Ute Georgeacopol-Winischhofer, Baudenk mäler der Technik und Industrie in Österreich, Bd. 1, Wien 1984, S. 192, 214.
Der Anblick funkelnder Fließbänder und der dazwischen wachenden Frauen im Einheitsarbeitsgewand entspricht anscheinend am ehesten den Vorstellungen von einer modernen Brauerei! Auch in die Sudhäuser werden seit den fünfziger Jahren mit Verzögerungen bis in die siebziger Jahre große Schaufenster eingebaut. Im Sudhaus, fJerz jeder Brauerei und Stolz jedes Brauherrn, glänzen die Kupferkessel und blitzen die blan ken Fliesen; schon von weitem erkennt ein Betrachter daran die Art des Betriebes. Die offene Darbietung der Geräte und maschinellen Einrichtungen bestimmt heute das Image einer modernen Brauerei. Feuerschutz Die umliegende Ansiedlung vor der hohen Feuersgefahr durch Brauhäuser zu schützen war immer schon ein Anliegen der Behörden. In vielen Orten gab es im I6./17. Jahrhundert eine Feuerbeschau, in Braunau durfte das Bier bis zur Eingliede rung des Innviertels an Osterreich nur außerhalb der Stadt in Simbach gebraut wer den. In der Freistädter Brauordnung von 1447 heißt es, daß niemand, wenn es win dig ist, in seinem Brauhaus brauen lassen soll. Wahrscheinlich ist wegen der West winde auch die vielerorts zu beobachtende Position der Brauhäuser im Osten von Ansiedlungen zu erklären. Aus einigen Brauereien sind Verbote des Tabakrauchens überliefert, z.B. heißt es in der Braumeisterinstruktion von Aurolzmünster aus dem Jahre 1881: „Auf Feuer und Licht hat der Braumeister stets ein wachsames Auge zu halten und das Tabakrauchen außerhalb des Bräustübels strengstens zu untersagen." Schon im Jahre 1883 ist eine Feuerlöschübung in Zipf erfolgreich verlaufen, wie das Rieder Wochenblatt berichtet, und bei einem Brand in Eberschwang zeich nete sich das Bräuhauspersonal besonders unter den Feuerwehrmännern aus, da es mit seiner Spritze als erstes zur Stelle war. Kein Wunder also, daß bei der Anschaf fung von Feuerspritzen für die örtliche Feuerwehr gerade die städtischen und märk tischen Brauherren hohe Summen spendeten, daß aus Zipf und auch aus der ehema ligen Foschacher-Brauerei in Linz eigene Betriebsfeuerwehren überliefert sind bzw. daß sich die Feuerwehrstützpunkte immer in der Nähe von Brauereien befinden. Und obwohl bei einem Brauhaus immer Wasser greifbar war, mußte manch mal mit Bier gelöscht werden, z.B. beim berühmten Münchner Theaterbrand im Jahre 1821 oder beim Brand in der Brauerei Hofmann in Aspach im Jahre 1882, was eine dort erhaltene Bestätigung zur Steuerabschreibung der zum Löschen benutzten Menge belegt.
Wie das Bier gebraut wurde Rohstoffe 1. Gersk Als wichtigster Rohstoff zur Bierbereitung dient die Gerste. Diese wurde auch bis in die fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts noch direkt von den Gersten produzenten angekauft. Im Jahre 1950 schreibt eine oberösterreichische Zeitung: „Von den fruchtbaren Fluren des Innviertier Flachlandes kommt, soweit der größte Bedarf dort gedeckt werden kann, die Gerste." Durch märktische Verordnungen geregelt, verlief der Gerstenverkauf folgendermaßen: „Der Bauer fuhr mit seinen Wagen mit schwerem Getreide zur märktischen Schranne und schüttete die Gerste in die Vorratskammer des Brauherrn."" Meist kauften die Brauherren die Gerste im Frühherbst von jenen Wirten, die das Bier der jeweiligen Brauerei ausschenkten und nebenbei noch eine Landwirt schaft betrieben. Die Gerste muß gewisse Bedingungen erfüllen, um als Braugerste verwendet werden zu können: „Das beginnt beim frischen Geruch und der sattgelben, glänzen den Farbe. Wichtig sind auch volle, mehlige Körper, ein großer Stärkeanteil, eine hohe Keimfähigkeit, die zwischen 94 und 96 Prozent betragen muß, ein geringer Eiweißgehalt sowie ein Wassergehalt bis maximal 12 Prozent."" Durch die verbes serten Transportmöglichkeiten (Eisenbahn) konnten die Brauer schon im 19. Jahr hundert ihre Gerste aus größerer Entfernung beziehen. Für einen großen Braubetrieb wie Zipf rentierte sich die Anlieferung ungarischer Gerste sehr wohl." Diese Abhän gigkeit führte in den Weltkriegen zu schweren Rückschlägen in der Malz- und Brau industrie. Die begrenzt vorhandene Gerste wurde den Brauereien entzogen und durfte nur als Brotgetreide verwendet werden. Die Verarbeitung der Gerste erfolgt in der Mälzerei. 1.1. Mälzerei Eine Mälzerei war nachweislich noch in der kleinsten Brauerei des Innvier tels bis in die fünfziger Jahre vorhanden. Sodann spalteten sich die ehemals verein ten Gewerbe der Brauerei und Mälzerei, die Mälzereien reduzierten sich auf wenige, aber große Unternehmen. Im Innviertel existiert heute keine Mälzerei mehr. 1.1.1. Gersknweiche „Einerseits ist's a schene Arbeit g'wen. Die Gersten einweichen, das ist so eine Woak, da hab ma oben so einen Haufen zuwig'schert, da ist so ein Stopsl g'wen, unten hab ma a Wasser einlassen, das hat meistens der Braumeister tan, dann Bodingbauer und Staufer, Altheim, S. 37. Christoph Wagner, Das große Buch vom Bier, Wien 1984, S. 14. Rieder Wochenblatt, Jg. 16, Ried 1882, Nr. 78.
haben s' des obaloss'n, das hat dann drei Tag g'woakn, dann hat das Wasser ausg'loss'n werden müssen und wieder frisch einlassen, dann ist ausg'woakt wordn, da ist der Haufen auf dem Tenn, ein extra Boden, ausg'woakt wordn, der Mälzer hat das hauptsächlich überg'habt. Das ist a Wochn aufn Tenn bliebn, inzwischen ist wie der was eing'woakt worden, das ist immer aufm Laufenden gangen. Bis daß das Körndl die richtige Woak g'hobt hat, da hat ma das Körndl (der Länge nach) so z'druckn können müssen, und wenn's die richtige Auflöse hat, dann hat man den Kern so außalösen können und auf dem Nagel schreiben können müssen wie a Kreidn. Das hat der Moaster sagen müssen." So beschreibt es ein angelernter Mälze reiarbeiter. Eine kleine steinerne Gerstenweiche finden wir im Linzer Brauereimuseum. Sie bestätigt eine gewisse Kontinuität in der Verwendung des Materials Stein. Schon im 18. Jahrhundert werden immer wieder steinerne „Waiken" oder „Weiken" genannt. Die meisten der Innviertier Mittelbetriebe hatten einen eigenen Raum, den „Tenn", zum Keimen der Gerste, architektonisch hervorgehoben von anderen Arbeitsräumen durch seine Pfeilergliederung und eine attraktive Gestaltung der Gewölbe. Dorthin wurde die Gerste mit dem sogenannten „Gerstenwagerl" oder „Grünmalzwagerl" gekarrt. Diese Transportgeräte waren bis in das 20. Jahrhundert aus Holz, später aus Eisen. Nun begann die Tätigkeit des „Widerns"," das Wenden des eingeweichten Grünmalzes, das einen Romantiker ganz schön ins Schwärmen bringen könnte: „Warm ist es in den Malztennen, und man möchte sich verträumen vor diesem laut losen Werden, wäre nicht das rhythmische Schreiten der Männer, die hier,Widdern', d. h. mit schönem Schwung umschaufeln."" Wie diese Arbeit vonstatten ging, erklärt ein Schärdinger Arbeiter realisti scher: „Das war a starke Arbeit, mit Schaufeln umschaufeln, das hast können müs sen, das war net leicht, am Anfang hat dir das ganze Gstell wehtan. Da hast zuerst oben die Decke abheben müssen und dann unten einifahrn, und der Gang hat sau ber sein müssen, sonst hast die ganzen Körndl zertreten." Das Keimen war eine äußerst arbeitsintensive Beschäftigung, denn die Gerste durfte nicht zusammen wachsen, sog. „Spatzen" bilden. Später versuchte man das Widern durch ein eiser nes Gerät, den „Pflug", zu erleichtern. 1.1.2. Braumechanik Die Mälzerei war in den Brauhäusern des Innviertels derart integriert, daß ihr Produktionsablauf in einem Trakt des Brauhauses von unten die Stockwerke nach oben anwachsend verlief, die Bierproduktion im zweiten Hausteil von oben " Dieser Ausdruck scheint im Duden nicht auf. In mancher Literatur wird er mit doppeltem d geschrie ben, was m.E. unrichtig ist, da widern von „wider" im Sinne von „gegen das Zusammenwachsen der keimenden Gerste arbeiten" kommt. Karl Kleinschmidt, Erbe und Wachstum. Hrsg. v. d. Brauerei Zipf, Linz o.J.
P]d:nski?g{' ' rlf^r BJerti^nerel -Parterre Pf P'ranK Frledl "jP® Aoh Siv S. 5 PftrjFflS w ■:/ -te: iä S.' 2! tl W elcl Stock . JVc jr Kühl s t o3 k tJhiferbiü" ' fT' L i 'tl rSC N --3 c 5° C/5 hattieft h'axr^/'ir». M^X Plan des Brauhauses Friedl in Ach aus dem Jahre 1913 (Erdgeschoß). nach unten vor sich ging. Die Verbindung zwischen den Stockwerken der Mälzerei erfolgte durch Offnungen im Boden, durch welche die Gerste bzw. das Malz nach oben geworfen werden mußte. Die Einsparung dieses Arbeitsaufwandes war eines der frühesten Anliegen der Arbeitserleichterung. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts tauchen mechanische Hebe- und Transportvorrichtungen (Paternosterwerke, Röh renleitungen) auf. Im „Bauplan zur project. Umgestaltung des Graf von Arco'schen Bräuhauses Aurolzmünster" von 1870 sind bereits Aufzüge zwischen Gerstenboden, Malztenne und Schwelke eingetragen. 1.1.3. Schwelke Im Brauhausplan von Aurolzmünster aus dem Jahre 1870 wird ein Raum im Dachbereich als „Schwelk" bezeichnet, dort sollte der Feuchtigkeitsentzug der Ger ste vor dem Darren mittels natürlicher Ventilation stattfinden. Kritiker merken an, daß man dabei viel mehr Raum brauche als bei der übereinanderliegenden Dop peldarre und auch höhere Betriebskosten entstanden." In heute noch vorhandenen Brauereien konnte keine Schwelke mehr gefunden werden. Der bayrische Bierbrauer, München 1867, Nr. 8, S. 122 f.
1.1.4. Darre In einem schriftlichen Verpachtungswechsel von 1784 aus dem Herrschafts brauhaus Lustenfelden ist unter Braugeschirr angeführt: „Wegen der hölzernen Dörranlage waren Verhandlungen zur Herstellung einer sog. ,Niderländer Dörr' ein geleitet worden (und diese wurde schließlich auch gefertigt)." Ein weiterer Übergabs vertrag aus dem Jahre 1846 zeigt, daß es sich bei der „Niderländer Dörr" um eine eiserne Darre gehandelt haben muß, denn dem Afterpächter des Bräuhauses wurde nun „eine eiserne Malzdörre in sehr mittelmäßigem Zustand per 125 fl" übergeben.^" Daß es sich hierbei nicht nur um eine kleinräumige Erneuerung, die nur den Linzer Raum betraf, gehandelt hat, zeigt eine weitere Erwähnung einer Umstellung von Holz auf Eisen. Aus dem ebenfalls herrschaftlichen Brauhaus von Aurolzmünster wird im Jahre 1791 noch „auf der Schwelk" eine „eisene a(nn)o 1785 neu gemachte Malzdör" erwähnt. Im Jahre 1818 wurde in einer Münchner Brauerei eine neue Darrtechnik ein geführt. Der Münchner Bierbrauer Gabriel Sedlmayr, welcher zuvor gemeinsam mit dem Wiener Anton Dreher eine Informationsreise nach England unternommen hatte, installierte in seiner Brauerei eine sogenannte „englische Darre". Bei dieser sicherlich auch den Biergeschmack verbessernden Innovation wird das Malz nicht direkt über dem Darrfeuer gedörrt, wodurch es „einen widerlich brenzlichen Geschmack erhielt", sondern nur durch die Zufuhr heißer Luft gedarrt. Erst aus dem Jahre 1876/77 wird z. B. aus der Stiftsbrauerei Michaelbeuern von einem Wechsel der veralteten Rauchdörre gegen eine englische Malzdörre berichtet.^' Im Brauereimuseum in Linz können zwei Exponate die beiden unterschied lichen Darrformen veranschaulichen, die Rauchdarre (aus Weitra) und die Heißluft darre (auch englische Darre genannt). Aus dem 16. Jahrhundert sind Malzbretter überliefert, mit welchen das Malz beim Trockenvorgang auf der Darre umgeschlagen wurde. Die Malzbretter wurden zum romantisierenden Symbol der Mälzermeisterschaft.Man war von dem händi schen Arbeitsgerät, der Schaufel, bis ins 20. Jahrhundert noch nicht losgekommen. Obwohl bereits „Wender" zum Wenden des Malzes existierten, wurde das „DarreUmschlagen" in den kleineren Brauereien des Innviertels bis zur Stillegung des Mäl zereibetriebes mit der einfachen Malzschaufel erledigt. In den Mittelbrauereien, wie z.B. in Schärding, war der Wender nicht unbekannt: „Und auf der Darr, 80 Grad zum Trocknen, da hast mit der Schaufel einigehen müssen, später hat's schon einen Wender gegeben, 80 Grad trockene Luft, da haben wir uns so a Tiachl umibunden, da hast ka Luft net dawischt, hast schnell geschaufelt und g'schaut, daß d' wieder außikommen bist." Franz Wilflingseder, Geschichte der Herrschaft Lustenfelden bei Linz. Linz 1952, S. 85, 88. " Georg Stadler, Lebens- und Arbeitsbereiche des Stiftes vor etwa hundert Jahren. In: Benediktiner abtei Michaelbeuern. Salzburg 1985, S. 102. Vaclav Husa, Der Mensch und seine Arbeit. Prag 1967, Abb. 73.
Darren war eine äußerst arbeitsintensive und zeitaufwendige Arbeit, die ein Wohnen am Arbeitsplatz, wie z. B. in Fillmannsbach, notwendig gemacht hat; „Dann hab ma also die Dörr heizen müssen, gleichzeitig wieder einwoakn, die Dörr umschlagen, umwenden, die heruntere alle Stund, die obere alle zwei, an Tag hat das abg'dörrt werden müssen, heiß ist's auf d' Nacht worden, weil da ist man allweil höher gangen mit der Temperatur, da hab man oben sein müssen auf 54 Grad, um achte zirka, dann hab ma abdörren müssen. Ja, das ist schon g'wen wie a Sauna, da hab ma uns tummelt, daß ma außakeman." Nach der Jahrhundertwende begann die Gewerkschaft, sich in ihrem Ver bandsblatt mit diesen schwierigen Arbeitsbedingungen auseinanderzusetzen. Die hohen Temperaturunterschiede und die schlechte Luftqualität wurden beklagt. 1.1.5. Putzen und Schroten Eine Tätigkeit, die der Vergangenheit angehört und auf der Darre durchge führt wurde, war das „Malzkeimabtreten". „... der bittere Keim hat weg müssen. Dann haben s' a Maschin gekriegt, aber früher ham s' treten müssen. Da hat man Holzschuh angehabt, weil drunter hat's ungefähr 70 Grad gehabt und da ist man so umigangen (demonstriert, mit einem Fuß auf die Seite steigend, den anderen dane ben nachziehend), meistens zwei, drei haben das gemacht. Und doch ist's net so sehen obagongn wie mit da Maschin, das habn ma die dazöhlt, die das ton hobn." Malzkeim treten war eine Saisonarbeit und wurde im Innviertel spätestens in der Zwischenkriegszeit überall von Maschinen abgelöst. Das Malz mußte bis ins 19. Jahrhundert vom Müller verarbeitet werden. „Eisendratene Malzreittern", die in einem Bräuhaus-Inventarium aus Aurolzmünster aus dem Jahre 1791 aufgeführt sind, weisen darauf hin, daß das Malz im Brauhaus geputzt bzw. entkeimt worden war. Zum Brechen bzw. Schroten mußte es außer Haus gebracht werden. So finden wir in einem Ansuchen aus Ried an die kurfürstli che Regierung des 17. Jahrhunderts einen Verrechnungsposten von „9 kr dem Müller für das Malzbrechen".^^ Eine Heirat innerhalb der Familien von Brauern und Mül lern war höchstwahrscheinlich aus wirtschaftlichen Erwägungen keine Seltenheit. Auf jeden Fall war der Brauherr bis zur Eingliederung des Innviertels nach Osterreich im Jahre 1779 an das bayerische Verbot der Selbstschrotung des Malzes gebunden, welches 1868 aufgehoben wurde. Ende des 19. Jahrhunderts wurden viel fach schon Putzmaschinen verwendet, als deren Vorteil man anführt, daß keine Kör ner mehr durch Zertreten verloren werden und das Malz sauber zum Schroten gerichtet wird. Die mechanische Neuerung brachte den Brauereibesitzern mehr Unabhängigkeit von anderen Gewerben. Die ersten Putz- bzw. Entkeimungsmaschinen müssen wir uns wie jenes Exponat im Linzer Brauereimuseum vorstellen: ein hölzerner Kasten, in dem eine netzumspannte Trommel von menschlicher oder tierischer Kraft über Transmissio nen angetrieben wurde. " Josef Kränzt, Das Bräuerei-Gewerbe in Ried. Ried 1895, S. 24.
Eine Weiterenhvicklung auf diesem Gebiet geschah durch die Anwendung der Dampfkraft. Diese wurde von den größeren Brauereien zuerst eingesetzt und verbreitete sich nur langsam im gesamten Innviertel. In aufgelassenen Brauereien finden sich noch heute auf den obersten Dachböden Putz- und Schrotmaschinen, die ihren Zweck nicht einmal ein halbes Jahrhundert erfüllt hatten. Bei einer Malzschrotmaschine aus der Brauerei Gichten bei Michaelbeuern im Brauereimuseum erfolgte der Antrieb über Transmissionen und die Weiterlei tung des Malzes zum Einmaischen im Sudhaus mittels sogenannter eiserner „Transportier-Schnecken". Die Form der Schnecke wird heute noch verwendet, nur sind die umhüllenden Transportrinnen aus hygienischen Gründen in den modernen Brauereien verkleidet. Katzen durften als einzige fiaustiere in einem Brauhaus gehalten werden. Sie hielten die Nagetiere fern und schützten dadurch die Rohstoffe. Ein Brauvertrag aus dem Mühlviertel bestätigt das: „... Katzen, welche bey dem Brauhaus unentbehrlich sind.. Die beim Putzen abfallenden Malzkeime waren ein begehrtes Futtermittel. Schon in einem Dienstvertrag, der im Jahre 1799 für einen Mühlviertler Braumeister ausgestellt wurde, war festgelegt: „Die bey Hervorgebung des Malzes bey jeder Sud sich abreibenden Malzkeime sollen allzeit vom Bräuer emsig zusamen gesamelt werden, ... welche man in gleiche Theile unter die Burgerschaft vertheilet..." Die ordinären Bierabfälle, die Treber, durften von den Brauereibeschäftigten für die eigene kleine Landwirtschaft mit nach Idause genommen werden. Die Malzkeime galten bis ins 20. Jahrhundert als der nahrhafteste Abfall. 2. Hopfen Für Bayern ist die Hopfenproduktion seit dem 9. Jahrhundert bezeugt, d. h., schon damals wurde seine konservierende und aromagebende Wirkung beim Bier brauen angewendet. Als ältestes Anbaugebiet wird der Raum zwischen Inn und Salzach und weiter westwärts bis Freising genannt.^' Das Innviertel konnte lange Zeit seinen Hopfenbedarf aus eigenen Quellen decken. Als das Bier nach den Wirren des Dreißigjährigen Krieges an Bedeutung gegenüber dem Wein gewann, „entstehen nun Hopfengärten an allen Braustätten, nicht nur mehr den dem Eigenbedarf dienenden der agrarischen Oberschichten, ins besondere also vor den Toren der Städte und Märkte'A'^ Nun formten sich in der nächsten Umgebung der Städte Braunau, Schär ding und auch von kleineren Brauereien die Flurnamen „Hopfengarten". Es sei an die Hopfenblätter im Wappen der Stadt Ried erinnert. Das Wappen ist in Gevierte Josef Mittermayer, Das Oberneukirchner Brau- und Rathaus. In: OÖ. Hbl., Jg. 38, Heft 1, Linz 1984, S. 54. 25 Werneck, Brauwesen und Hopfenbau in OÖ., S. 122. Adolf Sandberger, Die innere Entwicklung bis 1745: Die Landwirtschaft. In: Handbuch der bayeri schen Geschichte. Hrsg. von Max Spindler. München 1966, S. 665.
geteilt und weist in einem Feld drei Hopfenblätter auf, die in den Entwürfen des 15. Jahrhunderts noch nicht vorhanden waren. H. E. Baumert bezeichnet die Blätter in den Wappen von Ried, Braunau und Beuerbach allerdings als Kresse oder unbe stimmte Blätter.^^ „Der Aufschwung der österreichischen Bierindustrie hing eng mit der Aufbringung der notwendigen Rohstoffe, vor allem des Hopfens, zusammen. Der Hopfenanbau wurde im Lande zwischen 1830 und 1840 wieder belebt. Zunächst lag das Zentrum im Innviertel (Uttendorfer Gegend), verlagerte sich aber bald ins Mühlviertel (Neufelden, Gramastetten, Rohrbach und Haslach). Die Pro duktion wuchs von 2,8 Tonnen im Jahr 1845 rasch an und erreichte 1872 eine Rekordernte von 533 Tonnen."^® In diese Zeit ist auch die zweite Welle der Brau rechtsverleihungen bzw. Brauereigründungen im Innviertel und in seiner Umge bung zu datieren. Personen aus dem Braugewerbe gelten als Förderer dieser Ent wicklung im Hopfenbau. Aus dem Jahre 1927 meldet die Statistik aus dem ganzen Innviertel bloß noch eine Hopfenanbaufläche von 26 ha, und zwar im oberen Innviertel. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlagerte sich das Hopfenanbaugebiet fast gänzlich nach Deutschland. Der Hopfen wurde in „Hopfenziehen" in das Sudhaus gebracht. Solch ein Sack aus Leinwand ist in der Innviertier Literatur in einem einzigartigen Gedicht von Hans Schatzdorfer über den „Kelläbräu-Bierteufö" festgehalten: „Sein Gwändl is rupfä und ganz vollä Zriß. I kenn's, daß ä roatgfärbte Hopfnziah is."^' 3. Hefe „Es bleibt unklar, seit wann man die Bierwürze mit Hefe versetzte. Die Gärung vollzog sich in einigen Tagen. Die Temperatur durfte 20 Grad Celsius nicht übersteigen, sodaß das Brauen im Sommer zu vermeiden war. Das Prinzip der Untergärung bei Temperaturen unter 10 Grad Celsius war nicht unbekannt und bür gerte sich in Süddeutschland nach der Mitte des 15. Jahrhunderts ein."^° Bei der Untergärung setzt sich die Hefe im Gärvorgang im Gegensatz zur obergärigen Hefe nach acht bis zwölf Tagen am Boden ab. „Das untergärige Bier hatte gegenüber dem bis dahin üblichen obergärigen den Vorzug größerer Haltbarkeit und verdrängte letzteres in Bayern nahezu vollständig. Es hatte dafür den Nachteil, daß es, in der warmen Jahreszeit hergestellt, raschem Verderb anheimfallen konnte. Infolgedessen wurde anfangs während der Sommermonate noch obergärig weitergearbeitet. Bei kühler Witterung bereitet, hielt es sich jedoch, in kalten Kellern gelagert, monate lang, namentlich wenn stärker eingesotten und stärker gehopft. Deshalb sott man " Herbert Erich Baumert, Die Wappen der Städte und Märkte Oberösterreichs (Schriftenreihe des In stituts für Landeskunde von Oberösterreich 10). Linz 1958, S. 34, 67 f. Rudolf Kropf, Oberösterreichs Industrie 1873—1938 (Linzer Schriften zur Sozial- und Wirtschafts geschichte, Bd. 3). Linz 1981, S. 59. Hans Schatzdorfer, Spatzng'sang. O. 0.1949, S. 110. E. Plümer, Bier und Brauwesen. In: Lexikon des Mittelalters, 2. Bd., München - Zürich 1983, Sp. 136.
bald auch das für den Sommer bestimmte Bier während der Winterzeit bis späte stens März ein oder überhaupt erst in diesem Monat, um es dann in eigenen Kellern kühl zu lagern. Hierdurch entstanden für dieses Bier die das gleiche bedeutenden Bezeichnungen Sommerbier, Märzenbier und Lagerbier. Als man dann am Anfang des 19. Jahrhunderts begann, auch das Winterbier in der Brauerei selbst, wenn auch nur kurze Zeit, zu lagern, war für die auswärtigen Brauer jedes Bier der untergärigen Art ein,Lagerbier', und es entstanden auch außer halb Bayerns allmählich eine Reihe von ,Lagerbierbrauereien' und ,bayrischen' Brauereien."'^ Die Arten von Bier, die bis dahin im Innviertel erzeugt worden waren, waren das gemeine oder braune Bier, das Sommer- oder Märzenbier sowie das Weiß- oder Weizenbier. Als Brauhefe wurde ehemals Germ verwendet. Seine Abgabe nach dem Gärvorgang war genau geregelt: Entweder wurde der Verkauf dem Braumeister ver boten, da man Germ selbst zur Branntweinerzeugung benötigte, oder Germ wurde verkauft, wie es in einem Dienstvertrag des Braumeisters in einer Mühlviertler Marktgemeinde aus dem Jahre 1799 geregelt wurde: „3'™® wird ihm die von dem Sudwerk erzeugte Germ zu seiner Nutzniessung und Verkauf verstattet, aber auch vorbehalten sowohl die hiesige Burgerschaft, mit guter preiswerter Germ, als auch die auswertigen Bier-Consumenten vorzüglich damit zu bedienen."" Im Volkskundehaus in Ried sind sogenannte „Germpitschen" aufbewahrt. Vielleicht wurden sie zum Tragen des Germs vom Brauhaus in den Haushalt ver wendet. 4. \Nas5er Die Brauherren mußten ihre Braustätten stets so wählen, daß sich ergiebige Brunnen oder brauchbare Wasserläufe in unmittelbarer Nähe der Braustatt befan den. Deutlich sichtbar wird diese Abhängigkeit in der ehemaligen Brauerei Ach, wo der vorbeifließende Bach in das Brauhaus hineingeleitet wurde, nachdem er zuvor das Mühlrad für die Malzmühle betrieben hatte. Eine Abzweigung des Wasserlaufes führt in die Sudpfanne, die andere in den sogenannten „Vorwärmer". Letzterer ist ein eisernes Wasserreservoir und dient zur Erwärmung des Brauwassers. Der Vorwär mer befindet sich aus heiztechnischen Gründen immer in der Nähe der Sudpfanne. Vom Sudhaus aus kann der Sieder anhand eines lotartigen Wasserstandsanzeigers den Inhalt prüfen. Die Schärdinger Bierbrauer hatten schon Mitte des 19. Jahrhunderts eine eigene Wasserleitung gebaut, um Wasser aus dem Inn heranzubringen. In Ried mußte „bis 1902/03, als die Hochquellwasserleitung errichtet wurde, das Wasser von Fritz Sedlmayr, Die Geschichte der Spatenbrauerei unter Gabriel Sedlmayr dem Älteren und dem Jüngeren 1807—1874 sowie Beiträge zur bayerischen Braugeschichte dieser Zeit. Nürnberg 1951, S. 172 f. ■ Mittermayer, Das Oberneukirchner Brau- und Rathaus. In: OÖ. Hbl, Jg. 38, H. 1, Linz 1984, S. 53.
tM /iiiJiJiJ I I nPtO ? et«' äiidsdiBtec IjohnhurtcrJ IjolinliaftBr MÄRZEN EDELPILS BRAUEREI MÜLLER HOHNHAHT/00. BRAUEREI MÜLLER HÖHNHART/O ö. GEGR: -1516DUNKEL -GEGR.- -1516WEINBEiRG^ERj;BIER HELL Bieretiketten aus aufgelassenen Innviertier Brauereien. Bieretiketten lösten seit der Jahrhundertwende lang sam die Prägeflaschen, in die der Name der Brauerei ins Glas geprägt war, ab.
wenigen öffentlichen Auslaufbrunnen ins Fiaus geholt werden. Nur einige Betriebe, wie z. B. die Brauereien, besaßen eine private Zuleitung in Holzröhren."^^ In oberösterreichischen Märkten war es allgemein üblich, die Bewohner aus Wasserspendern, die auf dem Marktplatz standen, mit Wasser zu versorgen. Dies ist mit ein Grund für die Gruppierung der Braustätten um den Marktplatz. Die Brauer waren auch angehalten, im Wasserverbrauch rücksichtsvoll gegenüber den Markt bewohnern zu sein. Wichtig für die Qualität des Bieres ist der Härtegrad des Wassers. Im Innviertel hatte man Probleme mit hartem, stark kalkhältigem Wasser. Bewohnern der Ortschaft Raab ist das „Kesselklopfen" als charakteristischer Brauereilärm in Erinnerung. Der abgelagerte Kalk mußte händisch von den Kesselwänden geklopft werden. Das Abwasser aus der Brauerei wurde noch im 19. Jahrhundert zum Brannt weinbrennen verwendet. Das beim Brennen entstehende Abwasser bzw. das nicht weiterverwertete Brauereiabwasser wurde in einen nahen Bach geleitet. Dabei sind nicht nur Geruchsbelästigungen entstanden,^"* auch Umweltschädigungen tauchen mit der zunehmenden Verwendung chemischer Reinigungsmittel auf. Auch die was serrechtlichen Bestimmungen der letzten Jahre bringen die Existenz von Innviertier Kleinbrauereien ins Wanken. Bierbereitung 1. Heizen Die Holzknappheit des späten 18. Jahrhunderts verstärkte die Suche nach Neuerungen und die schnelle Aufnahme von Innovationen auf diesem Gebiet. Der Pyrotechniker Lenoble verwendete Steinkohle zum direkten Beheizen von Sudpfan nen und Darre. Die erste Kohlenfeuerung fand im Braubetrieb zu Ort am Traunsee 1794 statt. Im Technischen Museum zu Wien befindet sich die erste Dampfmaschine, die 1856 in einer österreichischen Brauerei, der des Anton Dreher in Klein-Schwechat, errichtet worden war. Die aus England von Anton Dreher und Jakob Sedlmayr importierte Neuheit verbreitete sich vor allem in und um die Innovationszentren Wien und München. Es sollte jedoch noch lange dauern, bis diese Innovation im Inn viertel Einzug hielt. Erstmals mit der Bezeichnung „Dampfbierbrauerei" zierte sich die Schaup'sche Brauerei Zipf. Schon in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts war dort eine Dampfmaschine zum Bierbrauen in Gebrauch, 1893 folgte in Schärding August Kapsreiter nach und 1895 die „Actiengesellschaft Bürgerliches Brauhaus in Ried". Ferdinand Brunnbauer, Die Stadt in der Geschichte. In: Ried im Innkreis. Ried 1976, S. 65. Konrad, Das Entstehen der Arbeiterklasse in Oberösterreich. S. 59.
Man kann den Innovationssprung von Stadt zu Stadt, dann in die Märkte und in die Landbrauereien verfolgen. Zum Beispiel wurde erst 1907 die Brauerei König in Fillmannsbach „auf Dampfbetrieb umgestellt und der 25 Meter hohe Kamin gebaut'D' Der hohe Backsteinkamin signalisierte ab nun Modernität und bessere Ren tabilität eines Braubetriebes. Viele der kleinen Brauereien, vor allem im oberen Innviertel, erlebten niemals die Phase des Dampfbetriebes. Die Voraussetzung für die frühe und langzeitliche Verwendung von Kohle in Innviertler Brauereien war der nahe Hausrucker Kohlenbergbau. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entfaltete sich dort eine rege Abbautätigkeit. Pferde und Fuhrwerke gab es bekanntlich in jeder Brauerei, und sie wurden zum Kohlenführen herangezogen. Die Herrschaft der Grafen Arco-Valley in St. Martin im Innkreis umfaßte sogar ein eigenes Braunkohlenwerk, aus dessen Erträgen im Jahre 1860 „21.643 Centner verkauft, der Rest per 7.000 Centner in den gräflichen Oekonomien, in den Brauereien zu Eberschwang, Aurolzmünster und St. Martin verwendet wur den", wie in den statistischen Berichten der Handels- und Cewerbekammer Ober österreichs für das Jahr 1860 zu lesen ist. 2. Maischen und Sieden Im Sudhaus, im Herzen der Brauerei, findet die eigentliche Bierbereitung statt, das Einmaischen, das Läutern und das Sieden. Bei ersterem wird das aufberei tete Malz im Maischbottich mit Wasser angemengt und mit einem Maisch- oder Rührscheit bewegt. Unter den verschiedenen Cerätformen zur Behandlung der Mai sche war in Oberösterreich das „Scheit" verbreitet, ein schmales, hohes Holzbrett mit Stiel, das durch zwei Längsfugen gespalten ist. Nach dem Vermengen des Malzes mit kaltem Wasser geht das Einmaischen weiter, „indem unter tüchtigem Maischen das siedende Wasser nur langsam aus der Pfanne vermittelst einer Rinne in den Bottich geschöpft oder laufen gelassen wird. Nachdem die Pfannenburschen die Rinne, mittelst welcher vorher das Wasser in den Bottich geschafft wurde, umgewendet, abschüssig gegen die Pfanne geneigt haben, wird von zwei oder vier Brauburschen mit den Schapfen die am Boden abgesetzte dicke Maischmasse aufgefangen und in die Rinne geleert, von wo sie von einem anderen Burschen mittelst einer Krücke in die Pfanne hinübergezogen wird."^^ Schaufel und Bierschapfen sind die verbreitetsten Brauersymbole. Aus einem Bot tich herausragend, findet man sie in Braugasthausschildern, sie bekrönen z. B. das schmiedeeiserne Gitter zur Braunauer Bräuerkapelle. Bierschapfen sind hölzerne oder kupferne Schöpfgefäße an einer langen Stange. Damit wurde die heiße Würze zwischen Maischbottich und Sudpfanne in Rinnen geschöpft und weitergeleitet. Michael Wilflingseder, Familie König in Filimansbach. Sonderdruck aus: Braunauer Heimatkunde. Heft 24, Braunau 1931, S. 49 ff. " Sedlmayr, Die Geschichte der Spatenbrauerei. S. 115 f.
Dies konnte nur dann funktionieren, wenn die beiden Gefäße auf relativ gleicher Ebene lagen. Erst im 19. Jahrhundert kamen Pumpen auf, einfache eiserne Idebeipumpen. Zur Bedienung einer solchen Hebelpumpe wurden zwei Personen benötigt, die zwei Bügel wechselseitig heben und senken mußten und dadurch Druck und Sog erziel ten. Die Tätigkeit des Würzepumpens hat eine eigene Personenbezeichnung kre iert, den „Pumpauf". Sein Name kann zurückgeführt werden auf den Ruf „Pump auf!", mit dem der Biersieder den Pumpbeginn befahl. Die Existenz des Pumpaufs ließ sich nur in den Mittelbrauereien des Innviertels aufzeichnen. In Ried und Schär ding gab es manchmal sogar zwei davon. Ein Pumpauf mußte die Rohstoffe heran schaffen, im oblag das „Kohlenradln", er mußte frühmorgens einheizen und Sud haus und Kessel nach dem Sieden sowie den Maischbottich beim Austrebern reini gen. Im Innviertel wurde ein Pumpauf niemals zur heiklen Tätigkeit des Siedens zugelassen. Sein Bereich waren Hilfs- und Reinigungsarbeiten. So ist er im Zuge der Automatisierung des Brauvorganges verdrängt worden. Wenige kennen heute noch den „Schroll", einen Hilfsarbeiter, der anderen zur Hand ging. Die historische Bestätigung der Existenz des Schrolls fand sich in der erzbischöflichen Brauerei Kaltenhausen im Land Salzburg im Jahre 1796. Dort wird bei der Auflistung des Personals ein „Schroll oder Handlanger" genannt.^^ 2.1. Braugeheimnis In einer bayerischen Klosterbrauerei der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird als Grundregel aufgestellt: „Das Bräuwesen soll so viel wie möglich verschwie gen bleiben. Deswegen soll ein Herr Hausmeister mit der Sprache niemals redlich herausgehen und auch nicht einmal denjenigen, die er für des Klosters oder seiner Privatperson beste Freund haltet, aufrichtig anvertrauen, wieviel Gerste alljährlich abgemalzt, wieviel Malz versotten, wieviel Eimer Bier auf jede Sud er bräuet."^® Noch heute herrscht bezüglich des Braurezeptes in jeder Brauerei strengste Geheimhaltung. Die Kunst des Brauens lag ehemals im Gelingen des Sudes, mit anderen Worten in der Trinkbarkeit des Bieres. War der Sud bereits mißlungen, so mußte man mit gewissen Zusätzen das Bier verwertbar machen. Das Hauptproblem lag in der Säuerlichkeit des Bieres. Gegen ein „zickhend" Bier konnte man laut einem Aschacher Rezept Ingwer und geschabte Muskatnuß beimischen. Zur Zeit der „Hol lerblüh" und bei zunehmendem Mond erzeugtes Bier galt als das beste.^' Ein weite res Rezept zur Trinkbarmachung des Gebräus ist im Welser Ratsprotokoll aus dem Lorenz Hübner, Beschreibung des Erzstiftes und Reichfürstenthums Salzburg. Salzburg 1796, S. 299. Heinrich Huber, Aus den Geheimnissen einer altbayerischen Klosterbrauerei. In: Brauwelt. Heft 31, Nürnberg 1952, S. 689. Hiermann, Das alte Brauhaus zu Aschach. S. 24—27.
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