OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 1

wir Raum und Zeit? Vieles vollzieht sich für unsere Vorstellungskraft zu langsam oder zu schnell, erscheint uns zu nah oder zu fern, als daß wir die Naturvorgänge richtig zu erfassen vermögen. Zeitraffer und Zeitlupe sollen uns helfen, den Ablauf von Naturvorgängen besser zu verstehen. Damit sind wir beim Thema des ersten Ausstellungsraumes: Wovon lebt der Mensch? Ausgehend vom Bibelwort „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein", sind hier Texte und Porträts einander gegenübergestellt, die auf die Vorurteile der Men schen anspielen. Daneben findet sich die Menge dessen, was eine Person im Laufe eines Monats konsumiert, szenarisch arrangiert. Daß es sich dabei nicht nur um „Über-Lebens-Mittel" handelt, macht ein anschließender Raum mit zwölf Schütt kegeln deutlich. Die nächsten Zimmer und Kammern bringen uns das bäuerliche Leben in Raum und Zeit nahe. Die Kammern der Wöchnerin und der Dienstboten, die Austragsstube und eine Stube mit Aufbahrungsszene versinnbildlichen das Lebensalter von der Geburt bis zum Tod; Werkstatt, Spinnstube, Speiskammer und Küche machen die Arbeit von Mann und Frau für den gesamten Hausstand deutlich. Dieser Geschlossenheit des bäuerlichen Lebenskreises wird der Besucher jedoch abrupt entrissen, wenn er im anschließenden „Labyrinth des Lebens" mit der Tatsache konfrontiert wird, daß der Bauer als Teil der Schöpfung in diese eingebun den und ihr ausgeliefert ist. Das Individuum findet sich inmitten von „Plagen", seien es die des Alten Testaments, des Mittelalters oder unserer technisch-chemisch orien tierten Zeit. Als Reaktion suchten und suchen wir nach Schuldigen: Hexen, Juden, Kapitalismus, Industrie... In der Folge erlangt der Betrachter - aufgerüttelt durch die Fragen und Pro bleme, denen er sich gegenübergestellt sah - Kenntnis von den Kreisläufen in der Natur. Durch Zylinder und Verbindungsgänge geleitet, taucht er gleichsam in die ihn umgebende Natur ein und erfährt hautnah die Vernetzung von Luft, Wasser, Boden und Energie. Auch die Kreisläufe der Sozialgeschichte sind zentrales Anliegen der ober österreichischen Landesausstellung „Bauern - Unser Leben, unsere Zukunft". Es werden die Prinzipien des Zusammenlebens auf der Grundlage agrarischer Produk tion durch die Zeiten von der Urgeschichte bis zur Gegenwart dargestellt. Der Besu cher kann sich mit den verschiedenen Formen der Nahrungsbeschaffung vom neolithischen Sammler und Jäger über die Anfänge von Bodenbearbeitung und Vieh zucht bis herauf in unsere Tage mit den Problemen der jeweiligen Gesellschafts struktur vertraut machen. Als besonderer Anziehungspunkt gelten eine begehbare Hütte aus der Jungsteinzeit und die Dokumentation einer archäologischen Grabung. Der größte Ausstellungsraum ist die mächtige Scheune des ehemaligen Stiftsmeierhofes. Sie nimmt eine ganze Seite des Gevierts ein. Ihr Dachgebälk - her vorragend restauriert - gibt ihr eine unnachahmliche Atmosphäre, und ihre Breite sowie die riesigen Scheunentore bieten reichlich Platz für große Objekte wie Trakto ren, Dreschmaschinen und andere land- und forstwirtschaftliche Geräte, vom Beginn der Technisierung in der Landwirtschaft bis zum heutigen Stand mit Aus-

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