OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 1

zenmehlprodukte. Erst in allerletzter Zeit haben einige Bauern wiederum begonnen, ihr Brot selbst zu backen und dabei Roggen- oder Dinkelmehl zu verwenden. Wandel im Ansehen des Bauemstandes Das karge Land hat auch einen besonderen Menschenschlag geformt. Der Mühlviertler Bauer galt allgemein als wortkarg und Fremden gegenüber vorerst mißtrauisch, andererseits aber auch als zäh und fleißig und unter seinesgleichen durchaus gesellig und fröhlich. In den letzten Jahrzehnten ging diese typische, urwüchsige Art aber teilweise verloren. Der Bauernstand hatte in den Notzeiten vor und während des Krieges ein relativ großes Ansehen. Durfte sich damals ein Hoferbe glücklich schätzen, weil die Übernahme des Hofes sowohl eine gesicherte Existenz als auch gestiegene Heirats chancen bedeutete, so änderte sich die Situation nach Kriegsende rasch. Das öffent liche Ansehen des Bauernstandes sank immer mehr und erreichte in den siebziger Jahren einen Tiefststand. Für viele Bauern wurde es immer schwieriger, einen Hofer ben zu finden. Die meisten Söhne zogen es vor, wegen der geregelten Arbeitszeit und der größeren Ungebundenheit eine Arbeit in Industrie oder Gewerbe aufzuneh men. Zudem hatten sich inzwischen auch die Heiratschancen der Hoferben ver schlechtert, weil Bauerntöchter in zunehmendem Maße eine Lehre absolvierten oder als Fabriksarbeiterinnen tätig wurden und dem Bäuerinnenberuf gegenüber negativ eingestellt waren. Diese gesellschaftlichen Umdenkprozesse hängen freilich auch mit dem Wandel in der Bildungslandschaft des oberen Mühlviertels zusammen. Durch den Aufbau des mittleren und höheren Schulwesens" in den sechziger und siebziger Jahren wurde die Bildungssituation der ländlichen und bäuerlichen Bevöl kerung stark verbessert, wodurch viele der Landwirtschaft den Rücken kehrten. Erst in allerletzter Zeit scheint dem Bauernstand wiederum ein neues An sehen zu erwachsen. In einer Gesellschaft, in welcher die Arbeits- und Lebensbedin gungen vielfach schon durch Fließbandarbeit, Sinnentleerung, Lärmbelästigung, Verbetonierung, Vermassung und Entwurzelung gekennzeichnet sind, werden Werte wie Naturverbundenheit, Bodenständigkeit, Selbständigkeit, Individualität und Ruhe allmählich wieder geschätzt. Infolge des Säkularisierungsprozesses erfuhr auch die bäuerliche Religiosität im oberen Mühlviertel einen gewissen Wandel, wenngleich die meisten Bauern auch heute noch sehr kirchentreu sind und über die Sonntagsmesse hinaus religiöse Aus drucksformen wie Bittprozessionen, Wallfahrten und Tischgebete praktizieren. Bertlwieser, F. (1989): Höheres und mittleres Schulwesen im Bezirk Rohrbach und Berufswahl unserer Absolventen. In: Zwischenbilanz 1970-1989, bzw. Humenberger, F. (1974): Die Schüler des BRG Rohrbach. In: 10 Jahre BRG Rohrbach 1964-1974. S. 24-34.

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