Agrarstrukturwandel im oberen Mühlviertel Von Friedrich Bertlwieser Naturräumliche und entwicklungsgeschichtliche Aspekte Das obere Mühlviertel (Bezirk Rohrbach)^ ist ein bäuerlich geprägter Wirt schaftsraum. Die Landwirtschaft war stets für viele Menschen mangels industriell gewerblicher Arbeitsplätze die wichtigste Lebensgrundlage.^ Dieser Landesteil ist weiters ein Wirtschaftsraum, von dem ein Nichtmühlviertler zunächst oft den Ein druck gewinnt, daß es sich um einen gesamtwirtschaftlich „rückständigen" Raum handelt, welcher noch eine halbwegs ursprüngliche Agrarlandschaft und bäuerliche Idylle aufweisen könne. Dennoch muß gesagt werden, daß es nach dem Zweiten Weltkrieg auch hier zu großen Umwälzungen in der Landwirtschaft kam. Die Bilder von unzähligen im leichten Wind wogenden Kornfeldern, blühenden Flachskultu ren, gemächlich dahinziehenden Ochsen- und Pferdegespannen sowie strohgedeck ten Bauernhöfen gehören längst der Vergangenheit an. Der agrarische Strukturwandel war seit Mitte der fünfziger Jahre, dem Zeit punkt des Abzugs der russischen Besatzungsmacht, sehr groß. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen, „höherentwickelten" Agrarräumen im Alpenvorland besteht allerdings darin, daß der Strukturwandel im oberen Mühlviertel bei einem tieferen Niveau ansetzen mußte, so daß die großen Veränderungen, welche in den letzten 35 Jahren stattfanden, bei alleiniger Betrachtung der heutigen Situation nicht richtig bewußt werden. Ein Beispiel für das verschiedene Ausgangsniveau ist, daß in den fünfziger Jahren in diesem Landstrich der Anbau von Weizen und Mais prak tisch noch unbekannt war. Aber auch die Mechanisierung setzte hierzulande erst Ende der fünfziger Jahre ein, gegenüber dem Alpenvorland mindestens ein Jahr zehnt verspätet. Dementsprechend groß war dann der Aufholprozeß. Ein fJauptgrund für die geringeren agrarischen Erträge in diesem Raum liegt in den natürlichen Ungunstfaktoren des oberen Mühlviertels. Die Böden sind karg, kalkarm und steinig, und die Bauern mußten seit eh und je mit viel Fleiß und Aus dauer dem Boden das Nötigste abringen. Zudem ist das Klima rauh und windig („Böhmwind") und ermöglicht nur die Reife bodenständiger Getreidearten und Ackerfrüchte. Die Getreideernte verzögert sich fast um einen Monat gegenüber dem Alpenvorland.^ Darüber hinaus wirkt sich auch das Gelände als zusätzliche ' Der Begriff „oberes Mühlviertel" und „Bezirk Rohrbach" sind im großen und ganzen deckungsgleich. ^ Dieser Beitrag hat folgende Arbeit zur Grundlage: Bertlwieser, F. (1988): Agrarstrukturwandel im oberen Mühlviertel. Diss. Univ. Innsbruck, 310 S., bzw. Bertlwieser, F. (1989): Agrarstrukturwandel im oberen Mühlviertel, Kurzfassung. In: Rohrbacher Notizen, Nr. 67 (Nov. 1989). ^ Werneck, H. L. (1960): Atlas von Oberösterreich. Naturgesetzliche Einheiten des Pflanzenbaues (Bl. 23) bzw. Phänologie (Bl. 42).
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