OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 1

zu beseitigen, mit Gewalt zu unterdrücken und durch geeignete Mittel zu verhindern. Die Aus übung dieses Rechtes ist weder mit dem Prinzip der Demokratie noch mit dem der Toleranz in Wi derspruch .. Josef Demmelbauer Günter de Bruyn: Jubelschreie, Trauergesänge. Deutsche Befindlichkeiten. Frankfurt am Main: S.-Fischer-Verlag, 1991. 203 Seiten, geb., DM 34,-. Günter de Bruyn, Jahrgang 1926, ist in Berlin geboren und lebt seit 1963 in Ostberlin und bei Frankfurt/Oder. Literaturkennern war er wohl auch bei uns bekannt, zumal zahlreiche Werke im Fischer-Taschenbuch-Verlag erschienen sind, dar unter auch „Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter" (Bd. 10973). Die in dem vorliegenden Band vereinigten Essays haben zwei Teile, den einen „Zur Zeit" und den anderen „Zur Literatur". Im ersten Teil geht er der Lage in der ehemaligen DDR nach dem Zu sammenbruch des Honecker-Regimes nach. Das Leben in der DDR des letzten Jahrzehntes bringt er auf den treffenden pauschalen Begriff von Sta gnation und dumpfer Zufriedenheit, „einer Schicksalsergebenheit", die zwar ursprünglich von Macht erzwungen, im Laufe der Zeit aber zur Gewohnheit geworden war" (S. 35, aus dem Es say: „Deutsche Befindlichkeiten"). Wohltuend sachlich und kenntnisreich sind de Bruyns Ge danken über die deutsche Kulturnation, gerankt um die Schiller-Notiz: „... So viele Länder, Ströme und Sitten, so viele eigne Triebe und Arten" (S. 22). Der Essay sammlung geben den Titel die „Bemerkungen zum Literatenstreit", womit die Diskussion über die Verantwortung der DDR-Intellektuellen ge meint ist. Wenn einmal die Zeit über die Hoffnungen und Enttäuschungen der deutschen Wiederverei nigung hinweggegangen sein wird, werden Litera turfreunde noch nach Jahrzehnten Freude haben an de Bruyns Essays „Zur Literatur", dem vom Umfang her größeren Teil des Buches (S. 57-202). Er ist ein Kenner Fontanes, er weiß Kluges über Thomas Mann und Boll zu sagen, er wurde u.a. mit dem Heinrich-Mann-Preis, mit dem ThomasMann-Preis und mit dem Heinrich-Böll-Preis aus gezeichnet. Im Sommer 1990 hielt er eine Lobrede auf Martin Walser, dessen jüngster Roman, der noch im geteilten Deutschland spielt, das Ereignis der Frankfurter Buchmesse 1991 war. Günter de Bruyn erbringt schließlich noch den Beweis, daß ein Schriftsteller - wie wohltuend - seine Anlie gen in klarer und schöner Sprache vorbringen kann, ohne an Aussagekraft zu verlieren. An den Schluß sei hier der erste Satz des er sten Bandes von Fontanes „Wanderungen durch die Mark Brandenburg" gesetzt: „Erst die Fremde lehrt uns, was wir an der Heimat besitzen." Und de Bruyn fügt dem mit seiner DDR-Erfahrung hinzu (S. 113): „Auf das In-die-Fremde-reisenKönnen kommt es bei der Entstehung von Hei matliebe an." Josef Demmelbauer

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