OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 1

rein akademisch-ästhetischen Betrachtungsweise wäre die Errichtung eines gut abgesicherten Sperrgebietes auf dem ganzen, steilen Haichenbacher Sporn gewesen: „Einsturzreservat Haichenbach". Der Auftrag für den Denkmalerhalter würde - sicherlich nicht im Sinne des gesetzlichen Auftrages - in diesem Falle in ein öffent lich subventioniertes, kontemplatives Betrachten des Einsturzschauspiels durch die staatlichen Organe umzuwandeln sein. Kein Wunder, wenn dazu in einem Klima des gegenseitigen Mißtrauens Rat losigkeit auch in die Nähe böswilliger Beratungsverweigerung - dies unterstützt durch den vorübergehenden Entzug wichtiger Finanzmittel - gerückt wurde. Zuletzt hinterblieb ein Bild der Ratlosigkeit angesichts der in Wind und Wetter zerfallenden Ruine, deren Sicherung einfach nicht spurlos zu bewerkstelligen war. Die vor Ort rasch zu gewinnenden Einsichten, die im Zuge ihres langsameren Werdeganges in den Kanzleien der Behörden eine fast zweijährige Denk- und Arbeitspause erzwan gen, kamen vorerst als Wiederbelebungsversuch von Erhaltungsmaßnahmen zu spät. Die einzige wesentliche Prüfungsfrage, ob das historische Dokument, die Burgruine Haichenbach, durch die begonnenen und geplanten Sicherungsmaßnah men in ihrem Zeugniswert geschmälert wird, kann einfach verneint werden. Die Substanz des Denkmals, mitten in einer sich spätestens alle vier Jahre bis zur Unkenntlichkeit verändernden Vegetation angesiedelt, wurde dem Rhythmus der belebten Natur entzogen und den Anforderungen des topographischen und klimati schen Umraums wieder verbessert angepaßt: Ausmörtelung, Regenschutz, Wind schutz - Schutzdach, Mauerbank. Gelitten hat unter den getroffenen Maßnahmen sehr wohl das Lieblich-Romantische einer Sonntagsausflugsdekoration: Burgruine wie im Bilderbuch, animiert durch von Zeit zu Zeit Herabstürzendes. Bleibt noch zu hoffen, daß der Wunsch nach Verbleib eines vergänglichen Bildchens - der Ruine - doch hinter dem Ziel der Erhaltung eines historischen Plat zes und Reliktes zurückzustehen hat. Nicht die Schaffung oder die Zulassung von geschmacklich beeinflußten Ansichtskartenbildern und -Situationen für den gerade zufällig einherwandernden Zeitgenossen - auch durch Untätigkeit - sei das Ziel, sondern die unbeeinflußte und zeitlos gültige Bewahrung der Aussage eines Doku mentes : Graben - Mauer - Tor und Turm, pfleglich gesichert, nicht verschönert und auch nicht verwahrlost! Jeder willige Betrachter wird dies mit anderen Augen sehen und ergänzen, dieser Freiraum muß bleiben! Das Aufbrauchen der auf die Gegen wart gekommenen Denkmale, sei es durch Überfrachtung mit Widmungen, durch restloses Ausnutzen der letzten Winkel, durch eitle Verfremdung der Substanz oder auch nur durch stolze Untätigkeit angesichts des Zusammenbruchs, bleibt weiterhin in einer durch breitgestreuten Wohlstand gekennzeichneten Gesellschaft abzulehDie Schließungen im Bereich ehemaliger Mauerbreschen wurden nur in der statisch notwendigen Mauerstärke ausgeführt, wobei außen kleinteiliges Bruch steinmauerwerk, innen aber sowohl aus Materialmangel wie auch zur Kennzeich-

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