OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 1

ständlichen Vorgang:"*^ „Bei so manchen Vorhaben im Mühlviertel scheinen die Uhren anders zu gehen als im übrigen Rest von Oberösterreich. (...) Das Land kauft an Seen im Salzkammergut um viel Geld Grundstücke auf, damit freie Zugänge für die Bevölkerung möglich sind!" Von der Verbauung sind die Obermühler Pensioni sten der Fabrik betroffen, zerstört sie doch ein kleines Erholungsgebiet. Einen schweren Schlag für seine Sozialstruktur erhielt Obermühl durch die Zwangsversteigerung der Papierfabrik im Jahr 1972, die den drohenden Konkurs und damit das „Aus" für die Fabrik abwendete. Um das kranke Unternehmen zu ret ten, mußte die Belegschaft von 190 auf 90 Personen verringert werden. Ein leitender Angestellter erhängte sich aus Verzweiflung über den Verlust seines langjährigen Arbeitsplatzes. Aber fast alle, die nicht weiterbeschäftigt werden konnten, fanden bald wieder Arbeit, einige in der Umgebung, die meisten in Linz. Denn jetzt bestand für die Papierfabrik kein Beschäftigungsmonopol mehr wie noch bis in die fünfziger und sechziger Jahre. Jetzt konnten Arbeitsuchende in die Landeshauptstadt pendeln. Die stark verringerte Zahl von Arbeitsplätzen führte zur schleichenden Auf lösung gemeinschaftsbildender Institutionen. Der Musikverein exisHert nicht mehr, ebensowenig wie die Musikkapelle der Fabrik. Theater wird nicht mehr gespielt, die Betriebsfeuerwehr mußte aus Nachwuchsmangel aufgelöst werden, und der Pensio nistenverein der Fabrik ist überaltert, denn die „jungen" Pensionisten interessieren sich nicht mehr für ihn. Ein Lebensmittelgeschäft und zwei Gasthäuser leben im Sommer mehr von den Bootstouristen als von den Einheimischen. Schon 1957 schrieb Zeman prophetisch„Gar vieles wird sich hier im näch sten Dezennium der Geschichte ändern. Befremdet wird das Antlitz der Landschaft sich uns offenbaren, so wie sich durch den Zwang der Technik auch der Ort in ande rem Bild darstellen wird." Wie recht hatte er! Ganz anders bietet sich das Bild des Ortes nach wenigen hundert Metern an der Straße Richtung Bruckwirt. Die neuen fiäuser bleiben zurück und die Papier fabrik liegt vor dem Spaziergänger. Der Fabrikschornstein, gemauert aus dunkel braunen Ziegeln, taucht auf, Öltank, Schuppen, Magazine und Lagerhallen säumen die Straße, das Kesselhausragt über die anderenBauten, dahinterverstecktsich der Klärturm, rechts liegen die abgenützten schweren Schleifersteine am Hang, das gelbe Kanzleigebäude von einfacher Architektur preßt sich an den Berg, geschmückt von zwei kunstgeschmiedeten Wandleuchten, in deren Ornamenten nach längerem Betrachten die Buchstaben P und O erkennbar sind, verschlüsselte Botschaft, daß dieser anspruchslose Bau zur Papierfabrik Obermühl gehört. Gegenüber dann die Fabrik, in der die Kollergänge, die Holländer, der Pulper, die lange Papiermaschine und die Kalander arbeiten, mit dem Tor, durch das die Hubstapler mit den Altpa pierballen verschwinden, die entlang der Straße auf die Verarbeitung warten. Nicht weit davon leuchten am jenseitigen Mühlufer die „Fabrikantenvilla" und die A-Schleiferei im königlichen Ocker, umgeben von verwohnten Wohnhäusern und den Resten der Seilbahnstation. " „Mühlviertler Rundschau" vom 22. August I99I. " Zeman, S. 418.

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