OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 1

Betriebsordnung von 1941 Jede Betriebsordnung zeigt ein Spiegelbild ihrer Zeit. Die „Betriebsordnung der Papierfabrik Cröllwitz-Obermühl Ges.m.b.H." aus der Zeit, als Oberösterreich Oberdonau hieß, macht keine Ausnahme. Vorangestellt steht ein Spruch des Brau nauers Adolf Hitler mit Ausrufezeichen hinter dem Namen und rätselhaftem Inhalt: „Vor uns liegt Deutschland, in uns marschiert Deutschland, hinter uns kommt Deutschland!". Das war die Sprache der Zeit, hier wohl eine rhetorische Pflicht übung. Auf sechzehn engbedruckten Seiten steht alles, was „Betriebsführer und Gefolgschaft" wissen müssen, von Akkordlohn bis Vertrauensrat. Dieser Rat trat einmal monatlich mit dem „Führer" zu einer Sitzung zusammen. Er hatte u. a. über Vergehen zu beraten und über die Strafen zu bestimmen, die bei Ordnungswidrig keiten verhängt wurden. Dazu gab es ein Bußbuch, in das alle Vergehen eingetragen wurden. Die härteste Strafe war die Geldbuße, die bis zur Hälfte des täglichen Arbeitsverdienstes betragen konnte. Zu den schwerwiegenden Verstößen zählten Verletzungen der Sicherheitsbestimmungen, Einbringen alkoholischer Getränke und Rauchen im Betrieb sowie Verunreinigungen von Aborten und Waschanlagen, besonders aber unberechtigtes Fernbleiben von der Arbeit. Wiederholte Verstöße zogen Kündigung und Entlassung nach sich. Die Betriebsordnung zählte neben Lohn- und Urlaubsregelungen auch Hei rats-, Geburts-, Familien-, Weihnachts- und Sterbehilfen auf sowie zahlreiche andere Regelungen und Vorschriften. Bemerkenswert war das Versprechen von Belohnun gen für Verbesserungsvorschläge, die sich tatsächlich durchführen ließen. Alles stand unter der Forderung nach einer „nationalsozialistischen Betriebsgemeinschaft" mit „nationalsozialistischer Gesinnung", bei schwachen Gharakteren eine Aufforde rung zu Gesinnungsschnüffelei und Denunziation. Der Ort Obermühl verändert sein Gesicht Um Hochwasserkatastrophen für die Zukunft zu verhindern und billigen Strom durch das geplante Wasserkraftwerk Aschach zu gewinnen, wurde die Donau reguliert. Im Geist der Planer und Architekten der fünfziger und sechziger Jahre radierten sie die Ortschaft Obermühl mit der Planierraupe einfach aus. Anstelle der alten Häuser, die schon so viel Hochwasser überstanden hatten, wurden „moderne" Bauten errichtet, die man in jedem Vorort jeder österreichischen Stadt sehen kann. Obermühl hatte sein architektonisches Gesicht verloren, als diese Aktion um 1962 abgeschlossen war. Ein Trost blieb den Bewohnern der neuen Häuser. Entlang der Donau, zwi schen Bootshaus und dem Anlegeplatz der Fähre, entstand ein kleiner Park mit Ufer weg. Diese 3.500 Quadratmeter veräußerte die Gemeinde Kirchberg 1991 für den Bau von Wochenendhäusern. Wolfgang Reisinger kommentiert diesen schwer ver-

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