Der Katholische Arbeiterverein (KAV) von 1900: das Glück der Arbeiter zu begründen"^^ Am 13. Januar 1900 berichtete die sozialdemokratische Zeitung „Die Wahr heit" von den Zuständen in der Papierfabrik unter dem Titel „Sonntagschändung: Hier wird Tag und Nacht gearbeitet und erst nach 4 Monaten hat der Sonn- und Fei ertagsarbeiter einen freien Tag zu seiner Erholung". Sofort entgegnete die Fabrik: „... eine echt sozialistische Lüge ... nur die Schleifmaschinen laufen, aber leer, damit sie nicht einfrieren." Da die Behauptung über die Sonntagsarbeit in den „Mühlviert1er Nachrichten" ebenfalls gedruckt wurde, klagte der Fabrikdirektor gegen diese Wochenzeitung. Sie machte einen Rückzieher, entschuldigte sich, denn inzwischen hatte auch die „Wahrheit" zugegeben, daß ihre Meldung falsch war. Kurz nach diesem Pressegeplänkel, das blitzlichtartig wenige tatsächliche oder angebliche Mißstände beleuchtete, erfolgte der Aufruf zur konstituierenden Versammlung des KAV Obermühl für Sonntag, den 3. März 1900, im Enfingerschen Gasthaus. Am 17. März meldeten die „Mühlviertler Nachrichten", „...und ist die selbe auf das Schönste verlaufen". Obmann wurde M. Jungwirth, „geistlicher Rat geber" Hochwürden Sigl von Niederkappel. Nach einem Vierteljahr, am 11. Juni, fand die erste Versammlung mit zahlrei chen Gästen aus Kirchberg statt. Von dort war als Gastredner Hochwürden Kooperator L. Gruber erschienen. Sein Thema: „Wie kommt es, daß an der Spitze der Sozi aldemokraten in Gründung, Leitung und Presse fast nur Juden zu finden sind? Er führte aus, daß Juden Riesenvermögen besäßen, dagegen sei das Kirchenvermögen nur ein „Pappenstiel". Am Fronleichnamsfest nahm erstmals der gesamte KAV teil. Er warb mit dem Aufruf: „Mitglieder, erscheint vollzählig!" Die Staatstreue dokumentierte der KAV beim feierlichen Kirchgang an Kaisers Geburtstag. Anläßlich der Weihnachtsversammlung im Lehnerschen Gasthaus trat die Fabrikleitung dem Arbeiterverein bei. Das mag erstaunlich erscheinen, aber schließ lich handelte es sich um keine Gewerkschaft oder politische Partei. Die „Mühlviert ler Nachrichten" meldeten am 15. Dezember 1900: „Mit großer Freude erfüllt wurde die versammelte Arbeiterschaft durch das Erscheinen unseres Fabrikdirectors Herrn Beck, der dem Verein beitritt und einen Gründerbeitrag zur Sterbeeinlage zusichert und durch die herrlichen Melodien des mitgebrachten Grammophons alle ermun terte und erheiterte." Das Vortragsthema von Herrn Sigl lautete: „Besser ist s, ein Pfaffenknecht genannt zu werden, als ein Judenknecht zu sein. Kooperator Gruber aus Kirchberg „hatte seine schöne Accordzither bei sich, und alles mußte wieder lachen und mitsingen, sodaß das ganze Haus erdröhnte". Ohne das Thema zu ver tiefen, zeigen diese wenigen Meldungen die Abwehrlinie der Gründer des Katholi- " Die Informationen zum Katholischen Arbeiterverein, abgekürzt KAV, stammen aus den „Mühlviert ler Nachrichten".
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