OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 1

Die wichtigsten Rohstoffe sind heute Holz und in zunehmendem Maß Alt papier. Die einst ausschließlich verwendeten Lumpen anstelle des Holzes werden nur noch für besonders wertvolle und wichtige Papiere benützt, etwa für den Druck von Banknoten. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren alte Texhlgewebe der ein zige und teure Rohstoff. Sie mußten mühsam gesammelt, sortiert, gereinigt, gekocht und gemahlen werden. Die dadurch gewonnenen Textilfasern wurden im Wasser im Verhältnis 1:100 aufgelöst. Diese Mischung ergab den sogenannten Papierstoff oder Papierbrei. Mit einem rechteckigen, feinmaschigen Sieb, zusammengehalten durch einen Holzrahmen, schöpfte der Büttgeselle aus der Bütte (= Faß) den Papierbrei. Das Wasser lief durch das Sieb ab, zurück blieb der geschöpfte Bogen. Der nächste Arbeitsgang erfolgte durch den Gautscher. Er ließ das restliche Wasser abtropfen und kippte den Bogen aus der Schöpfform auf einen Filz (= abgautschen). Danach wurden mehrere Bogen unter hohem mechanischen Druck für den ersten Trocken- §31^8 gepreßt und dem dritten Mann bei der Herstellung, dem Leger, übergeben. Er stapelte die einzelnen Bogen und sorgte für ihre Glättung, bevor sie zum endgülti gen Trocknen aufgehängt wurden. Schon diese vereinfachte Darstellung, wie einst Papier (= Büttenpapier, aus dem Faß geschöpft) gemacht wurde, zeigt den großen Zeitaufwand. Jeder Bogen wurde einzeln hergestellt, und zwar in einem ungewöhnlichenArbeitsverfahren,wie es vor der Industrialisierung sonst nicht üblich war: drei Personen mußten Hand in Hand arbeiten, um das Produkt Papierbogen kostengünstig und technisch einwand frei herstellen zu können. Lumpen wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts immer teurer, und somit auch das daraus hergestellte Papier. Der steigende Bedarf erforderte die Abkehr von der Handarbeit. Ein billigerer Rohstoff mußte gefunden und eine Maschine erfun den werden, die ihn verarbeiten konnte. Der Franzose Nicolaus Louis Robert, technischer Leiter der Papiermühle Essones, konnte nicht genügend Papier für die staatlichen Gelddruckereien liefern. Deshalb entwickelte er in mehrjährigen Versuchen eine Maschine für lange Papier bahnen. Seine erste funktionierende Papiermaschine arbeitete im Jahr 1798. Die Idee von Robert bestand darin, den Stoffbrei nicht auf ein einzelnes Sieb zu gießen, sondern ein „endloses" Sieb zu konstruieren, auf das laufend der Papier stoff gegossen wurde. Das überflüssige Wasser tropfte durch das sich drehende Sieb ab. Die entstandene Papierbahn trockneten nachgeordnete Preßwalzen. Von hier lief sie auf eine Holzrolle, auf der die Bahn aufgewickelt wurde. Nach diesem Grund prinzip arbeiten noch heute sämtliche Papiermaschinen. Jetzt konnte man schneller mehr Papier herstellen. Das Rohstoffproblem löste der Deutsche Friedrich Gottlob Keller erst nahezu ein halbes Jahrhundert später. Er erhielt 1845 in Sachsen das Patent, Holz auf einem Schleifstein unter Zugabe von viel Wasser zu zerfasern. Der dadurch entste hende Holzbrei konnte im Mischungsverhältnis von einem Teil Holzfasern zu etwa 100 Teilen Wasser direkt zur Papierherstellung verwendet werden.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2