Der jüngere interessierte sich nicht für das Werk. Sohn Lukas übernahm 1957 die Leitung der Papierfabrik, obwohl erkennbar war, daß sie sich nach zwölfjähriger Vernachlässigung in technisch schlechtem Zustand befand und überdies Schulden aus der „Russenzeit" den Betrieb belasteten. Während andere Papierfabriken neue Märkte erschließen konnten, waren der Obermühler Papierfabrik in der Zwischen zeit viele alte Kunden verlorengegangen. Neue Abnehmer konnten kaum geworben werden, da meist an andere USIA-Betriebe geliefert werden mußte. Den Versuch, einen technisch heruntergewirtschafteten Betrieb mit unzu länglicher Energieversorgung wieder flottzumachen, hätten auch erfahrenere Geschäftsleute abgelehnt, obwohl in einem Gutachten von 1956 bestätigt wurde, „... steht die Papierfabrik Cröllwitz-Obermühl auf einem gesunden wirtschaftlichen Fundament".' Es wird ferner festgestellt: „Die Überdeckung des langfrisHgen Anlagever mögens durch das Eigenkapital ist ein Zeichen gesunder Finanzstruktur." Zugleich sagte das Gutachten'' aus, daß die „technischen Anlagen den Ansprüchen, die an einen modernen, leistungsfähigen Betrieb gestellt werden, nicht entsprechen". Ferner „bedroht Erneuerungsverzug die Betriebssicherheit". Diese Probleme führt das Gut achten darauf zurück, daß die sowjetische Verwaltung dem Unternehmen 19,000.000 Schilling" an Substanz entzogen und rund 4,792.000 Schilling Schulden hinterlas sen habe. Eine Mindestinvestition von 30,000.000 Schilling wird mit langer Laufzeit und niedrigem Zuschuß gefordert, um das Unternehmen technisch-wirtschaftlich zu sanieren. Es war von Lukas Reinhold sehr mutig, in Kenntnis dieser Tatsachen die Papierfabrik selbst zu leiten. Ein ERP-Kredit von fast zehn Millionen Schilling wurde gewährt, aber so spät ausbezahlt, daß die getätigten Investitionen den Zusammenbruch des ange schlagenen Unternehmens nicht verhindern konnten." Die Investitionen der Reinhold-Zeit kommen teilweise dem Unternehmen noch heute zugute." Der Hoch druckdampfkessel, der Dampfmotor für die Stromerzeugung sowie die Wasser kraftanlage mit 600 Meter langem Betonfluder tun nach wie vor ihren Dienst. Diese umfangreichen, sehr hohen InvesHtionen bei großem Personalbestand und einer Rezession des Papiermarktes trugen sicher zum Ende der Reinhold-Firma bei. Den in jedem Herstellungsbetrieb üblichen Streit zwischen Kaufleuten und Technikern hatten die Techniker gewonnen. Sie investierten schnell und reichlich und entzogen dadurch dem Werk die nötigen flüssigen Betriebsmittel. ' Gutachten über die allgemeinen technisch-wirtschaftlichen Verhältnisse (...) mit Entwicklung eines Mindestinvestitionsprogramms, erstellt am 7. Juli 1956 durch die Wirtschaftsberatung Dipl.-Kfm. Herbert Pirement, Wien V, Schönbrunner Straße 88, S. 23 f. ' Siehe Fußnote 9. Dieser Betrag steht als Behauptung im Gutachten. Eine Begründung oder Berechnung wird nicht ge geben. ■ Nach Dopf, S. 65, erhielt Steyrermühl 22 Millionen, Welser Papierfabrik 10 Millionen und Penzing 5 Millionen. Gespräch mit Dipl.-Ing. Roland Sonnberger vom 20. August 1991.
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