OÖ. Heimatblätter 1992, 46. Jahrgang, Heft 1

Papierfabrik Obermühl Industriekultur im Mühlviertel Untemehmensgeschichte, Technik, Menschen Von Hans Falkenberg „Wir machen jetzt keine Betriebsbesichtigung. Ich zeige Ihnen ein technisches Museum." (Dipl.-Ing. Roland Sonnberger, Eigentümer der Papierfabrik Obermühl am 16. 8.1990) Mit sicherem Blick für den damals richtigen Standort baute Carl ChrisHan Müller 1869 seine erste Holzschleiferei neben die Einmündung des Daglesbaches in die Kleine Mühl. An diesem Platz gab es Wasser mit starkem Gefälle zum Antrieb der Maschinen. Das war der Beginn der Fabrik, die 1992 etwa 70 Mitarbeiter beschäftigt, mit Kunden in Europa und Übersee. Heute ist die „Papierfabrik Ober mühl" in Österreich der kleinste Hersteller dieser Branche. Die Jahresprodukhon beträgt rund 4.000 Tonnen. Ein grolJes Werk wie „Steyrermühl" produziert mehr als das Hundertfache dieser Menge. Abenteuerlich liest sich die Lebensgeschichte der kleinen Fabrik. Sie entging immer wieder dem Untergang trotz zweier Konkurse (1913 und 1964), einer Zwangsversteigerung (1972), der drohenden Schließung wegen Unrentabilität (1918/20 und 1938) und der zehnjährigen Zwangsverwaltung durch eine sowjetische Gesellschaft (1946-1955). Zahlreiche Familien in der Umgebung leben von ihr; für Altenfelden, Kirchberg ob der Donau und Niederkappel, auf deren Gebieten sie liegt, ist die Papierfabrik ein wichtiger Steuerzahler. Rudolf Zeman schrieb im Jahr 1957 eine kurze, gut belegte Darstellung der Werksgeschichte.^ Im Jahr 1966 verfaßte der damalige Direktor Helmut Wegscheider eine kleine Firmen-Jubiläumsschrift „100 Jahre Obermühl, 1866-1966" mit heute irreführendem Titel. Denn 1966 bildeten Ort und Werk noch eine Einheit: „Ober mühl" bedeutet „Papierfabrik Obermühl". Außerdem machte die Papierfabrik, besonders in ihren Krisenzeiten, immer wieder Schlagzeilen in der oberösterreichi schen Tagespresse.^ Seit Zemans Arbeit 1957 haben ein Konkurs und ein Ausgleichsverfahren die Fabrik heimgesucht. Außerdem wechselte mehrfach die Geschäftsführung. So ist es an der Zeit, das Wissen über dieses lebendige technische Denkmal der Industria lisierung Oberösterreichs zusammenzufassen. Zeman, S. 229-233. ' „Linzer Tagespost", „Oberösterreichische Nachrichten", „Linzer Volksblatt", „Mühlviertier Nachrich ten", „Mühlviertler Rundschau".

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