öfters mit dem Wort „Umweltverträglichkeitsprü fung" konfrontiert werden. In nächster Zeit soll eine Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz, mit dem eine Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich eingeführt wird, zur Beratung anstehen. Eine EG-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaa ten - Österreich will ja zur EG -, eine solche Prüfung einzuführen; dementsprechend steht in Deutschland seit dem Herbst 1990 ein solches Gesetz bereits in Geltung. In der vorliegenden Stu die wird der Frage nachgegangen, ob der Unter nehmer von sich aus alle Unterlagen für die Prü fung gleichsam alleinverantwortlich vorzulegen oder ob die Behörde darüber hinaus auch von sich aus zusätzliche amtliche Ermittlungen vorzuneh men hat. Nach deutschem Recht ist dies nicht zweifelsfrei entschieden. Daher kommt der Studie, einer rechtswissenschaftlichen Dissertation, prak tische Bedeutung zu, weil man in Österreich, wo ja das deutsche Gesetz, wenn nicht als Vorbild, so doch als Diskussionsbasis dient, eine derartige Klarstellung vorweg ins Auge fassen kann. Übri gens: Für die Umweltverträglichkeitsprüfung hat sich die Abkürzung UVP eingebürgert. Der Volks witz hat dieser Abkürzung die Auslegung „Un heimlich viel Papier" gegeben. Josef Demmelbauer Walter Schmitt-Glaeser (unter Mitwirkung von Hans-Detlef Horn): Private Gewalt im politischen Meinungskämpf. Zugleich ein Beitrag zur Legitimi tät des Staates. Schriften zum öffentlichen Recht, Bd. 586. Berlin: Verlag Duncker & Humblot, 1990. 231 Seiten, DM98,-. Die große Toleranz, ja Noblesse, mit welcher das Bonner Grundgesetz auch politischen Außen seitern und Randgruppen entgegentritt, hat diese vielfach zur Anwendung von Mitteln ermuntert, die mit dem staatlichen Gewaltmonopol, der Been digung eines Zustandes, den Thomas Hobbes als den Krieg aller gegen alle bezeichnet hatte, nicht zu vereinbaren sind. Die strikte Ablehnung der An wendung von Gewalt von privater Seite im poli tischen Meinungskampf ist das Thema des vorlie genden Buches. Demonstrationen, Hausbesetzun gen, Blockaden u. ä. verdrängen zusehends die gesittete Form des Gesprächs, des Austausches von Argumenten. Ende 1987 hatdie deutsche Bun desregierung sogar eine „unabhängige Regie rungskommission zur Verhinderung und Be kämpfung von Gewalt", die sogenannte Gewalt kommission, konstituiert. Ihr Bericht enthält ein gehende und umfangreiche Überlegungen zur politisch motivierten Gewalt, die lange Zeit als legitimer Kampf gegen die „strukturelle Gewalt" des Staates gerechtfertigt wurde (vgl. S. 47 ff.). Da zu treten so selbstgerechte Parolen wie „Wahrheit statt Mehrheit", so als besäßen die wenigen „Ein sichtigen" allein die Wahrheit, die große Menge dagegen vermöge sie nicht zu erkennen (S. 184 ff.). In Anlehnung an Carl Schmitt könnte man sagen, die Tyrannei der eigenen Werte akzeptiere das Mehrheitsprinzip nicht. Die Arbeit ist in vier vielfach unterteilte Kapi tel gegliedert. Das kurze erste Kapitel ist dem Pro zeß der Bildung des Volkswillens gewidmet. Im zweiten Kapitel (S. 27-108) wird der Zunahme politisch motivierter Privatgewalt und den Ver suchen ihrer Rechtfertigung nachgegangen, wobei das Hauptaugenmerk den „geistigen" Angriffen gilt, etwa der Qualifikation einer Sitzblockade als strafbare Nötigung. Hiebei unterscheidet sich der deutsche Begriff der Nötigung nach § 240 dStGB vom österreichischen nach § 105 öStGB. Nach unserem Strafrecht fällt nur die physische - nicht auch die psychische - Gewaltanwendung unter den Nötigungsbegriff. Für eine solche Beschrän kung durch den deutschen Gesetzgeber hat übri gens der bekannte Tübinger Strafrechtler Jürgen Baumann plädiert (Zeitschrift für Rechtspolitik, Heft 8/1987). Die Privatgewalt beeinträchtigt schließlich - davon handelt das dritte Kapitel (S. 109-202) - die Legitimität der Staatsmacht, das staatliche Gewaltmonopol und die Friedenspflicht des Bürgers. Das kurze Schlußkapitel muß sich bei der Suche nach den Voraussetzungen und Strate gien für eine effektive Gewaltverhinderung an langfristigen, juristisch kaum beantwortbaren Zie len orienberen: an Familie und Schule als den zen tralen Orten der Erziehung zur Gewaltlosigkeit, an der Öffentlichkeitsarbeit, an Vorbildern und der „sozialen Kontrolle" durch den Bürger (S. 219). Hier schwingt Resignation mit und stellt sich beim Leser ein. Nach dem Studieren dieses äußerst anregen den Buches ist man für die gegenwärtige Situation von der Richtigkeit des Mottos überzeugt, das an dessen Anfang gestellt ist und von der JaspersSchülerin Hannah Arendt stammt: „Die Bedro hung der Freiheit in der modernen Gesellschaff kommt nicht vom Staat, wie der Liberalismus an nimmt, sondern von der Gesellschaft." Josef Demmelbauer
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