OÖ. Heimatblätter 1991, 45. Jahrgang, Heft 4

Der Erhebungsgegenstand des Un ternehmens ist der Basisdialekt oder die Grundmundart, jene Sprachform, wie sie bis auf wenige Ausnahmen dem Postulat aller deutschen Atlasprojekte entspricht. Der Basisdialekt ist die Sprache der meist alteingesessenen und auch in ihrem aktuellen Lebensablauf ortsgebun denen Bevölkerungsschicht, wie sie in der überwiegenden Zahl der Auf nahmeorte die bäuerliche Bevölkerung darstellt. Sie ist in erster Linie der Träger der regionalen und lokalen Identitäten und auch sprachlich repräsentativ für diese Werte oder Eigenschaften. Der gleichsam „bewahrende" Charakter die ser Bevölkerungsschicht bedingt auch die sprachwissenschaftliche Einordnung des Basisdialekts als die zum Zeitpunkt der Aufnahme dem historischen Aus gangssystem am nächsten stehende Schicht. Repräsentativität - und das wird gern und häufig mißverstanden - heißt hier nicht statistische Repräsentativität im Sinne der Majorität der Ortsbevölke rung bzw. muß dies nicht bedeuten. Auch bei oft krasser Minderheitsposi tion bleibt dieses Sprach- und Bevölke rungssegment das für die lokale sprach liche Identifikation bestimmende, was nicht heißen muß: das mit dem meisten Prestige belegte. Die Zahl der Exploratoren liegt bei etwa zehn Personen, wobei fünf bis sechs davon das Gros der Aufnahmen erledi gen. Obwohl es - wie bei den Aufnah men für den Vorarlherger Sprachatlas ge handhabt - in wissenschaftlicher Hin sicht am erfolgversprechendsten wäre, die gesamte Landesaufnahme von einem versierten Spezialisten durchführen zu lassen, ist dies in finanzieller, organisato rischer, letzten Endes v. a. aber mensch licher Hinsicht unmöglich. Es muß die Aufgabe der Koordination sein, auftre tende Diskrepanzen in der Qualität der einzelnen Explorationen auszugleichen und zu beseitigen. Die Auswahl der Gewährspersonen ergibt sich schon aus dem oben für den Erhebungsgegenstand Gesagten. Sie ent stammen im Normalfall der autochthonen bäuerlichen Grundschicht, müssen aber selbst nicht notgedrungen Bauern sein. Als absolut wichtigste Vorausset zung stellt sich die Ortsansässigkeit seit frühester Kindheit dar. Schon aus rein sachlichen Gründen wird die durch schnittliche Gewährsperson normaler weise der älteren Generation angehören, höheres Alter ist aber keine absolute Gewähr für Dialektsicherheit und sprachliche Ortsverbundenheit. Es soll ja nicht Sinn der Aufnahme sein, dialektale Archaismen hervorzuholen, und die Bevorzugung etwa 50 bis 70 Jahre alter Gewährsleute, die noch im Berufsleben stehen oder seit kurzem nicht mehr, scheint aus der Sicht des Aufnahmelei ters wie auch anderer Exploratoren am sinnvollsten. Es ist im Laufe der Auf nahme, die ja metasprachlich verläuft und in der die Gewährspersonen sich ebenfalls in das „Sprechen über die Spra che" hineinversetzen, ohnehin nicht zu verhindern, daß die unbewußte Suche aller Beteiligten nach dem „alten, echten, reinen" etc. Dialekt Archaismen zutage fördert. Pro Einzelaufnahme ist im Durch schnitt die Mithilfe von ca. 4 bis 7 Ge währspersonen notwendig. Die Quali tät ihrer Antworten wird im Normalfall nicht gleich sein, doch ist es arbeitstech nisch wiederum unmöglich und wissen schaftlich auch unsinnig, die Aufnahme nur mit einer Person durchzuführen. Erst die Kontrolle durch mehrere Personen

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