OÖ. Heimatblätter 1991, 45. Jahrgang, Heft 4

sie bräche das Fundament zusammen, das es z.B. den Oberösterreichern er möglicht - natürlich in den verschieden sten Schatberungen auch „Oberöster reichisch" zu reden. Es sei hier auch aus drücklich vermerkt, daß die Betonung der Wichtigkeit von Dialekt keine irgendwie geartete Haltung^e^en das so genannte „Hochdeutsche", präziser die deutsche Standard- oder Hochsprache, ausdrücken soll. Erst sie ermöglicht es, die Vorzüge eines großen Sprachraums von Bern bis Berlin und von Luxemburg bis Wien auch zu nützen. Gebrauch und Wertschätzung regionaler Sprache ha ben in erster Linie in der Region ihren Platz. Daß Sprache so unendlich alltäg licher ist als Musik, Tanz oder auch, Tracht zu tragen, dürfte ein Grund dafür sein, daß sich die oberösterreichische Landeskunde, von wenigen Ausnahmen in früheren Jahrzehnten abgesehen, nie mit den im Land gesprochenen Dialekten befaßt hat, sondern ihre Domäne v. a. in Geschichte, Naturgeschichte und Brauchtum sieht. Ein anderer Grund ist - so unakzeptabel das für manchen auch sein mag - doch eine seit Jahrhunderten bestehende latente Geringschätzung von Dialekt und dessen Wert für ein Land und seine Kultur, wobei hier eine kom plexe Kulturgeschichte dahintersteht mit ihren Konflikten zwischen bürgerlicher und bäuerlicher, zwischen städtischer und ländlicher Welt und vieles andere mehr. Oberösterreich stellt hier keine Ausnahme dar, es dürfte innerhalb des deutschen Sprachraums und auch inner halb Österreichs aber doch auf der gene rell eher „dialektfreundlicheren" Seite zu lokalisieren sein, doch ist die Position der Regionalsprache hier in keiner Weise mit der Wertschätzung zu vergleichen, die sie etwa in Vorarlberg und überhaupt im alemannischen Raum genießt. Vieles ließe sich für diese „latente Geringschät zung" von Dialekt an sich heranziehen, nicht zuletzt das v. a. in den Städten immer mehr zur Norm werdende Hoch deutsch-Sprechen mit den BQeinkindern, wofür als Begründung durchwegs der Schulerfolg genannt wird. Gerade die Schule hat hier vieles verschuldet, und erst langsam beginnt sich die Einsicht durchzusetzen, daß dialektale Kompe tenz, also das Beherrschen eines Dialekts, ganz im Gegenteil das Sprachverständ nis schärfen helfen kann und - gepaarf mit hochsprachlicher Kompetenz - durchaus als eine Art von „Zweispra chigkeit" zu begreifen ist. Die Abstinenz und teilweise sogar Abgeneigtheit von Landeskunde und Schule konnte auch dazu führen, daß sich nur mehr die Mundartdichtung des Gegenstands Dialekt angenommen und „aus zwei Paar Schuhen eines gemacht" hat. Im Dialekt zu dichten ist eine Sache, eine andere ist es, auch Dialekt zu spre chen und ihm einen spezifischen kultu rellen Wert beizumessen. Mundartdich tung ist meines Erachtens kein Mittel, die Wertschätzung von Dialekt zu steigern, ganz im Gegenteil: Sie bringt die Gefahr mit sich, Dialekt als Sprache für Dorfhei matabende und Brauchtumssitzungen zu begreifen, nicht mehr aber als Alltags sprache. Um den Dialekten und der Regional sprache den ihnen gebührenden Platz in Kultur und öffentlicher Wertschätzung und auch um dem Gegenstandsbereich Dialekt den ihm gebührenden Platz in der Landeskunde Oberösterreichs zu verschaffen, startete ich zu Ende der sieb ziger Jahre gleichsam eine „DialektInitiative". Dies geschah mit großer Un-

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