OÖ. Heimatblätter 1991, 45. Jahrgang, Heft 3

Bei der Behandlung der verschiedensten Bräuche hätte man sich doch auch ein bißchen mehr mit ihrer Geschichte und Verbreitung befas sen sollen. Meist aber sind sie einfach existent, nur über ihr Abkommen wird berichtet, fallweise nicht einmal das, wie etwa beim „Gansreißen", von dem es lediglich heißt, daß es im 17, und 18. Jahrhundert weit verbreitet war und Mitte des 19. Jahrhunderts auch im bayrischen Fürth geübt wurde. Für das Innviertel fehlt eine solche Einord nung (F. X. Pritz schreibt 1853, daß es „früher ein mal" geübt wurde), dafür freilich wieder einmal die „sichere" Feststellung, daß Zechburschen die sen Brauch ausübten. Ob er freilich ausschließlich von den Zechen veranstaltet wurde oder Zechbur schen gleichsam als „Privatpersonen" teilnahmen, bleibt unerwähnt. Mit Sicherheit muß man daher vorsichtig sein, ihn als speziellen Zechenbrauch zu bezeichnen. Überhaupt hätte eine Darstellung ländlichen Lebens in früherer Zeit - auch wenn sie noch so kurz gewesen wäre - mehr über das Um feld und die Situahon, in der die Zechen lebten und aus der sie entstanden, ausgesagt, als die bloße Bemerkung, daß es Zechen bereits im 19. Jahrhundert gab und sie auf eine mindestens 100jährige Tradition zurückblicken können. Bei Berücksichtigung - und auch trotz - die ser Mängel bleibt jedoch der Wert der Darstellung unbestritten: Eine gründliche, umfassende Be schreibung des Zechenwesens und auch des Innviertler Volkslebens am Beispiel Mettmach, wie es sich namentlich in den ersten zwei Dritteln unse res Jahrhunderts darstellte. Besonders beachtens wert ist auch die Tatsache, daß sich die Autorin bemühte, nicht nur das Zechenwesen, wie es sich nach außen hin präsentierte (etwa beim Brauch tum oder beim Zechentanz, dem Innviertier Land ler), darzustellen, sondern in einer mehr soziologi schen (und oftmals auch kritischen) Sicht innere Struktur sowie Haltung gegenüber und Stellung in der Gemeinschaft zu beleuchten. Große Bedeu tung erhält das Buch dadurch, daß schriftliche Er eignisse, Erinnerungen und Berichte festgehalten und so vor dem Vergessen bewahrt und der Nach welt überliefert werden. Gerhard Gaigg Johannes Jelschgo: Südböhmen. Ein Natur- und Kunstführer. Linz: Landesverlag, 1991. 168 Seiten, 24 Farbbilder, Straßenkarte 1:200.000, S 248,-. ISBN 3-85214-547-3 Bisher war man, wenn man sich über Örtlich keiten im benachbarten Südböhmen informieren wollte, vor allem auf das 1970 erschienene Werk von Hugo Rokyta „Die böhmischen Länder. Handbuch der Denkmäler und Gedenkstätten eu ropäischer Kulturbeziehungen" (vgl. OÖ. Heimat blätter, 27 Jg., 1973, S. 131) angewiesen, das schon von seiner Anlage her nicht alle jene Bereiche be rücksichtigen konnte, die in diesem neuen Kulturund Naturführer angeboten werden. Sein Autor ist der bekannte ORF-Redakteur des Aktuellen Dienstes im Landesstudio Oberösterreich, der mit dieser Broschüre „das Interesse an Südböhmen" wecken und ein „nützlicher Begleiter" auf den di versen Reiserouten sein will. Beides ist ihm in fun dierter und höchst aktueller Weise gelungen. Das einleitende Kapitel „Geschichte im Über blick" bis hin zur „sanften Revolution" ist gera dezu ein vorzüglich formulierter Essay, der viel zum besseren Verständnis unseres nördlichen Nachbarn, von dem wir trotz der räumlichen Nähe letztlich nur wenig wissen, beitragen kann, öan Hus wurde allerdings schon 1415 und nicht erst 1416 verbrannt.) Die Bezeichnung „Natur- und Kunstführer" ist ein wenig irreführend, da nicht allzuviel von der Natur dieses Gebietes vermittelt, dafür aber weit über den Bereich Kunst hinausgegangen und auch sehr viel Kulturgeschichte und Volkskundli ches dargeboten wird. Die Reihenfolge der einzelnen Beschreibun gen geht jeweils von den acht „Bezirkshauptstäd ten" Südböhmens (Budweis, Krumau, Prachatitz, Strakonitz, Pisek, Tabor, Pilgram und Neuhaus) aus; die weiteren Sehenswürdigkeiten in diesen Bezirken (bzw. Kreisen) werden in etwa im Uhr zeigersinn beschrieben, wobei die Routen jeweils im Süden beginnen. Nach dem tschechischen Ortsnamen wird der historische altösterreichische Name in Klammer angeführt, wie er unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg gebräuchlich war. In einem Anhang sind die Anschriften und Telefonnummern von Restaurants sowie der Pfarrämter, weiters einige praktische Redewen dungen (allerdings ohne Aussprachehinweise) und fünf Routenempfehlungen angeführt. Eine aktuelle Straßenkarte im Maßstab 1:200.000 ist dem Werk beigelegt. Besonders hervorgehoben seien auch die überwiegend großartigen Farbauf nahmen von Vladimir Slajch. Dietmar Assmann

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