Von der ursprünglichen städäschen Verschmelzung von Altar, Zitadelle, Dorf, Werkstatt und Markt haben alle späteren Städte ihre äußere Gestalt und ihr konstitutionelles Gefüge abgeleitet. Viele Teile des Gefüges sind noch heute wichtig für einen wirkungsvollen menschlichen Zusammenschluß, nicht zuletzt soweit sie ursprünglich aus Heiligtum und Dorf stammten. Ohne die tätige Teilnahme der Urgemeinschaft Familie und Nachbarschaft erscheint es zweifelhaft, ob sich die ele mentaren sittlichen Bindungen ohne Unterbrechung (mit bösen Folgen) von einer Generation zur nächsten weiterreichen lassen. Andererseits ist es ebenso zweifelhaft, ob die vielfältigen Formen der Zusam menarbeit, die sich nicht zur Abstraktion und symbolhaften Vergeistigung eignen, ohne die Stadt weiterhin gedeihen können, da sich nur ein Teil aller Lebensinhalte urkundlich festhalten läßt. Wenn nicht viele verschiedene menschliche Tätigkeiten und viele Erfahrungsgeschichten innerhalb eines begrenzten städtischen Bereichs sich überlagern und ständig genutzt werden, müßte sich ein allzu großer Teil des Lebens auf die Herstellung von Aufzeichnungen beschränken. Je ausgedehnter der Bereich menschlichen Umgangs und je größer die Zahl der Teilnehmer ist, umso größer ist der Bedarf an zahlreichen, jederzeit zugänglichen Orten, an denen man sich von Angesicht zu Angesicht begegnen und auf allen menschlichen Ebenen Umgang pflegen kann. Zuviel und zuwenig ist dem organischen Dasein gleichermaßen abträglich. Organismen, Gesellschaften und nicht zuletzt Städte sind empfindliche Systeme, die dazu bestimmt sind, die vorhandenen Kräfte zu regeln und in den Dienst des Lebens zu stellen. Die wichtigste Funktion der Stadt besteht darin, Macht in Form zu verwan deln, Energie in Kultur, tote Materie in lebendige Kunstwerke, biologische Vermeh rung in gesellschaftliche Schöpferkraft. Die positiven Funktionen der Stadt lassen sich nicht nutzen, ohne daß geeignete institutionelle Anordnungen geschaffen (oder erhalten) werden, welche mit den Kräften, über die der heutige Mensch gebietet, umgehen können. Einige Aspekte der Stadtgestalt Das Maß- und Proportionssystem So wie jedem guten Gebäude - ob bewußt oder unbewußt, sei dahingestellt und ist für das Ergebnis auch nicht wichtig - ein konsequentes Maßsystem zu grunde liegt und alle Teile wie das Ganze in sich und aufeinander abgestimmte har monische Proportionen besitzen, verhält es sich auch mit der Stadt. Das stadtkonsti tuierende Bauwerk war das Leitmotiv, dem die übrigen Baumaßnahmen zugeordnet wurden. Die Stadtgrenze, der Umriß, die Silhouette wurden zum Inneren in Bezie hung gesetzt, und umgekehrt wirkte das Innere nach außen. Das stadtkonstituierende Bauwerk - in Linz der Hauptplatz - wurde in sei nem Maßsystem von folgenden Überlegungen geprägt, im Lichte der mittelalterli-
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